Die Gemeinde Rondeshagen
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Die Schmiede in Rondeshagen
"Schmiede, Krug und Höker"
   
 
"Schmiede" vor dem Jahr 1936
 
   

Ähnlich wie die Meierei "Friedenhain" und die "Drögemühle" war die Schmiede eine Pachtstelle des Gutes. Zusätzlich beherbergte die Schmiede auch den Krug des Dorfes und manchmal einen Laden, die "Hökerei". Letztere wurde häufig auch an eine andere Person unterverpachtet.

Ein Kleinhändler wurde im Plattdeutschen Höker genannt (zu hökern = verkaufen) - oder, wenn er sich spezialisiert hatte, zum Beispiel auch Grünhöker (Gemüsehändler). Man bezog einfache Dinge des täglichen Lebens vom Höker . Noch heute ist das Verb verhökern , etwa seinen Ramsch verhökern , umgangssprachlich zu hören. Der Wortstamm gehört zu dem mittelhochdeutschen hucke ("Traglast des Hausierers"), was darauf schließen lässt, welcher Art sein Sortiment ursprünglich war und wie er es von Haus zu Haus transportiert hat. Ein Krämer hatte es schon etwas weiter gebracht: Er verkaufte seine Waren in einer Marktbude (kramahd. "Zelt, Marktbude", mhd. "Zeltdecke, Ware"), in späterer Zeit auch in festen Läden.

Die Schmiede wird 1708 erstmalig urkundlich erwähnt, denn der Schmied in Rondeshagen muss als Abgabe "10 Mark lübsch als Heuer" pro Jahr bezahlen. Bäuerliche Schmiede mussten damals fast alles für den täglichen Gebrauch herstellen, was aus Eisen oder anderen Metallen schmiedbar war: Messer, Hacken, Spaten, Hufeiesen, Nägel, Pflugscharen, Pferdegebisse, Beschläge jeder Art, Eggen, Sensen, Forken, Gefäße, Türscharniere, Gitter, Gliederketten und Werkzeuge wie Äxte, Hämmer, Zangen und Sägen.

 

Folgende Rondeshagener Schmiede sind uns bekannt. Mein besonderer Dank gilt Guido Weinberger, der den Großteil der Schmiede beigesteuert hat und meine begrenzte Liste lückenlos ergänzen konnte

Pächter (Meister und Gesellen)
erwähnt im Jahr
Schmied ohne Namen 1631-1635
Schmied ohne Namen 1708 (Abgabe "10 Mark lübsch als Heuer" pro Jahr)
Schmied Johann Jacob Höp(p)ner 1727 (ca)
Schmied Hans Joachim Höp(p)ner 1730-1737, danach in Göldenitz
Schmied Jürgen Beckmann 1735 / 1740-1742
Schmied Christian Brasch 1732 -1741
Schmied Christian Brasch 1773 (Geselle u. Sohn des obigen C. Brasch)
Schmied Clas Saß 1743 (vorher : 1728 in Bliestorf)
Schmied Thomas Scho(ne)man 1746 - 1757
Schmied Jochim Hartwig Bielfeldt 1756 - 1761
Schmied Heins Detloff 1761
Schmied Johann Ernst Timm 1762/63 - 1766
Schmied Johann Jürgen Höppner 1763 - 1766 (geb. 1737)
Schmied Jochen August Rabe 1766 - 1782 (geb 1737 / heiratet die Witwe Timm
Schmied Johann Hinrich Christian Landau 1783 - 1784, danach in Bliestorf
Schmied Johann Peter Hinrich Teut 1786 - 1796, danach in Kastorf
Schmied Jochen Christoph Hinrich Ro(h)loff 1790, 1796-1806 (auch Höker)
Peter Steffen (Schmiedegeselle aus Oldelsoe) 1795
Schmied + Wirt Johann Christian Körtje 1806 (Brauereigerechtigkeit auf Gut)
Schmied Koch 1811 - 1812
Schmied Wulff 1819
Krüger Kasten (s.u. Quelle) 1821
Schmied Johann Lohse 1821
Schmied Johann Bolzenthal 1823
Schmied Friedrich Wilhelm Lohff 1835
Schmied Wittern (2 Söhne : s.u.) 1842
Schmied Johann Heinrich Christian Wittern (Bruder und Schmied wird 1877 erwähnt : Johann Friedrich Wittern) 1872 (inkl. Brauereigerechtigkeit), auch 1877
Schmied und Gastwirt Ernst Brandt 1906
ab jetzt im Besitz der Familie Schünemann
Schmied Emil Karl Wilhelm Schünemann  (1879-1960)   1907 - 1950
Schmied Otto Schünemann (1919 -1993) 1951 - 1977
Schmied Wolfgang Schünemann 1977 bis heute
   
Krüger (Gastwirt) Kasten aus Rondeshagen geht am 30.01.1821 in Konkurs und muss Krug und Schmiede verkaufen: Folgender amtlicher Text erscheint: "II. Gerichtlicher Verkauf, Gericht Rondeshagen im Herzogthume Lauenburg. Zum öffentlichen meistbietenden Verkauf der Erbpachtstell des in Concurs gerathenen Krügers Kasten, hierselbst mit Krug und Schmiede, wofür beim ersten Termin nur 3600 Mk geboten, ist anderweiter Termin auf den 30 Januar 1821 vor dem zeitigen Justitiario in Ratzeburg angesetzt."
obige Quelle verdanke ich mal wieder Herrn Guido Weinberger
     
   
 
Schmiede und Gastwirtschaft 1906 - Besitzer Ernst Brandt - Man beachte die 2 Fahräder und den kleinen Jungen auf dem Pony
 
   
 
Anbau des Saales im Jahre 1935-36
 
    
 
Seiteneingang der Schmiede mit dem Dorfladen und der Poststelle ca 1955 (Werbung an der Hauswand "Persil bleibt Persil")
 
   
 
Hochzeitsgesellschaft vor der Schmiede
 
     
 
 
 
Luftbild der Schmiede ca. 1960 (Keine weiter Bebauung dahinter)
 

100 Jahre Schmied in Rondeshagen 1907 - 2007

Drei Generationen der Familie Schünemann als Dorfschmiede, Betreiber der Gastwirtschaft, des Dorfladens und der Poststelle

Die Familie Schünemann lebt seit dem Jahr 1907 in Rondeshagen und betreibt "die Schmiede" in der dritten Generation. Der erste Schmied Emil Karl Wilhelm Schünemann (01.04.1979 -1960) stammte aus Boddin (Mecklenburg) und legte 1907 seine Meisterprüfung in Lübeck ab. Im selben Jahr kaufte er die Schmiede in Rondeshagen vom Vorbesitzer Brandt und zog mit seiner Frau ........... hierher. Das Ehepaar hatte drei Kinder : Lisbeth (1908 - 12.10.1990), verheiratete Rögge [1932]), Otto (18.12.1919 - 22.09.1993), Emil (gefallen 1942) und Helmuth Schünemann (13.01.1921), der heute (2007) der älteste in Rondeshagen geborene Bürger ist (siehe auch die Seite "Helmuth Schünemann").

 
 
Meisterbrief von Emil Karl Wilhelm Schünemann von 1907
Kriegsteilnahme 1914 - 1918 von Emil Schünemann
 
der Kavallerist Emil Schünemann und ...
... Soldat des deutschen Kaiserreichs
 
     
 
am Tag der Hochzeit
Ehrung von Emil Schünemann als Betreiber der Schmiede als Gasthof
 
 
Emil S. und Frau Maria in den 50er
Emil Schünemann mit Sohn Otto hinter dem Saaltresen
 

Sohn Otto Schünemann, der als Soldat am 2. Weltkrieg teilgenommen hatte, legte am 12.11.1951 seine Meisterprüfung ab und übernahm den Schmiedebetrieb vom Vater im selben Jahr. Er hatte Ella Gatermann (1920 - 2001) am 03.12.1948 geheiratet. Das Paar hat zwei Kinder : Hans-Otto (1949) und Wolfgang (1952)

 
Unteroffizier Otto Schünemann  
Hochzeit von Otto und Ella S. 1948
  
Meisterbrief von Otto Schünemann 1951
Ella S. mit Söhnen Wolfgang (links) und Hans-Otto
 
Söhne Wolfgang und Hans-Otto vor "Gasthaus Schmiede" - rechts das Motorrad von Vater Otto
 
die drei "Schünemänner" mit der väterlichen BMW R25/2 (12 PS /250 ccm) im Jahr 1954
 
 
 
Schmied Otto Schünemann beim Hufbeschlag 1958 (der "Lütte" ist Sohn Hans-Otto)
 
 
   
 
 
Hufbeschlag bei einem der letzten Arbeitspferde anfangs der 60er Jahre - bis 1963 werden Trecker alle landwirtschaftlichen Pferde in Rondeshagen abgelöst haben
 
 
   
 
Deernsmusik-Tanz im Saal der Gastwirtschaft 1955
 
   
 
Siegerehrung im Saal der Schmiede (Kinderfest 1957)
 
 
 

 

 
Schmied Otto Schünemann mit Ehefrau Ella als Wirtsleute "Zur Schmiede"
Otto Schünemann, Trompeter in der Feuerwehrkapelle
 

1977 gab Otto Schünemann den Schmiedebetrieb an seine jüngsten Sohn Wolfgang ab, die Gastwirtschaft und Poststelle betreiben er und seine Frau Ella auch weiterhin bis September 1993.. Der Kaufmannsladen wurde zum Schluss an Kaufmann Worm, Berkenthin, verpachtet und Mitte der 1980er geschlossen. Die Post(außenstelle Berkenthin) schloss Anfang der 1990er. Bereits 1978 wurde der 1936 gebaute Festsaal zu Wohnung umgestaltet. - Der Bedarf als Fest- und Versammlungsraum war nicht mehr gegeben, zumal Rondeshagen mit seinem "Brinkhus" Ende der 1960er ein eigenes Dörfergemeinschaftshaus zur Verfügung stand.

Wolfgang Schünemann machte 1978 seinen Schmiedemeister und übernahm endgültig die Verantwortung.

 
Der Meisterbrief als Schmied von 1978
 
Auch Wolfgang Schünemann spielt ein Instrument in der Feuerwehrkapelle

 

 

 

 

 
     
     

Aus alten Verträgen des Gutes mit den Pächtern der Dorfschmiede und Gastwirtschaft plus "Hökerei"

Aus verschiedenen Pachtverträgen der Gutsherren mit ihren Pächtern der Schmiede, des Kruges und der Hökerei erfahren wir so einiges über Rondeshagens Berufswelt:

Pacht-Vertrag von 1756

"daß Wohn Hauß und Schmide, werden Ihm in guten Stande geliefert, und von der Herrschafft unterhalten, doch muß der Schmidt darnach sehen, daß daran kein Schaden geschieht noch durch Verwahrlosung von Ihm, oder den seinigen kein Feuer Schaden entsteht, in welchen Fall er gehalten sein solle, den Schaden zu ersetzen."

"sind alle Guths Unterthanen schuldig, bey ihm ihre Schmide Arbeit machen zu laßen doch daß solche mit guter Arbeit beladen werden."

"bekombt derselbe zur Feuerung jährlich Vier Tausend [Stück] Torff"

"..begibt Er sich unter die hiesige Hochadeliche Gerichtbarkeit
....  So geschehen Rondeshagen d. 21ten May 1756"

Pacht-Vertrag von 1806

"Die mitverpachteten Grundstücke sind folgende:
1. der Hofplatz und Garten neben dem Krughause,
2. der Garten hinter der Schmiede Wohnung
3. der Acker auf dem sogenannten Schmiedeberg an der Stecknitz s
4. Die an der Stecknitz belegene  zu 380 _Ruthen vermessene Kiewits Kathen Koppel
5. die daneben an der Stecknitz belegene Wiese
6. Die links vom Blistorfer Wege liegende Koppel von 720 _Ruthen.
7. die am Bülten Moor gelegene Sechs Scheffel Landes.

Er soll die Krügerey (Dorfkrug) in den Art wie selbige bisher mittelst Bier- und Branntweinschenken exercirt worden

Der Schmied erhält jährlich für den mehrmaligen Beschlag eines Gutspferdes 2 Reichstaler. Alle Schmiedearbeiten an Pflügen des Gutes gehören ebenfalls zu seine Pflichten, die ihm pauschal bezahlt werden. Das Eisen, das er verbraucht, ist in der Entlohnug inbegriffen, es sei denn der Eisenpreis steigt über die verabredeten Maße, dann zahlt das Gut zu.

"Der [Guts]Hoff muß stets vorzugsweise, ... und promt mit der Arbeit bedient werden. Insonderheit müssen die Pflug Eisen in der Schmiede nie aufgehalten und mindestens von Feierabend bis zur Spannzeit andern Morgens, oder unter Mittag 1 Pflug Eisen verstahlt und zwey geschärft werden können, damit die Eisen nicht stille stehen."

Ansehung der Höckerey Gerechtsame:
Diese erstreckt sich [...] auf den Verkauf von Essig, Salz, Heeringe, Theer und Irdenzeug, allenfalls auch auf Toback, in soferne dieser letztere an die einkehrenden fremden Gäste verkauft wird"

"Er ist schuldig auf der Rondeshagener Mühle mahlen zu lassen. Auch muß er seine Gebäude stets auf seine Kosten in der Brandcasse erhalten und in baulichem Stande...."

"Der Gutsherrschaft bleibt das Recht vorbehalten, zu Anlage einer Ziegeley oder sonstigen Fabrikwesens an der Stecknitz, oder auch zum Ablager von Producten und Fabricaten den nöthigen Platz aus des Erbpächters Lande auf dem Schmiedeberg an der Stecknitz zu nehmen"

 

Auch das Recht, Bier zu brauen und Branntwein zu verkaufen, wird detailliert festgelegt:

"Die gesamten Gutsleute sind verpflichtet das Bier  - sei es selbst gebrautes oder von anders-wo hergebrachtes- von ihm zu nehmen. Er hat ihnen dagegen preiswerte und untadelhafte Getränke zu liefern.
Die Gutsherrschaft ist von diesem Zwang ausgenommen. Sie darf das für ihre eigenen Haushaltungen benötigte Bier selbst brauen. [...] soll dem Erbpächter auch während der Dauer vorstehenden Contracts über die Brauerey, der ausschließliche Branntweinverkauf zu Rondeshagen zugestanden werden."

 
In diesen Krügen holte Arthur Kahns zu Beginn des letzten Jahrhundert für seinen Vater Heinrich Schnaps bzw. (Branntwein) aus der Rondeshagener "Schmiede"
     

Pachtvertrag über die Schmiede und dem Krug von 1842

"... Pacht über Schmiede und Krug sind so miteinander verbunden, daß die eine mit der anderen steht und fällt, d.h. die eine nicht ohne die andere gekündigt bzw. verlängert werden kann."

"Ist der Schmidt schuldig, allen der Gutsherrschafft durch etwaiges vernageln der Pferde erwachsenen Schaden und Nachtheil zu ersetzen, wenn nicht erweislich zu machen steht, daß die Beschaffenheit des Hufes ein solches Vernageln unvermeidlich gemacht habe."

Pächter haftet mit seinem Vermögen für Schäden durch Feuer. Pächter übernimmt alle kleinen Reparaturen an den Gebäuden, das Fegerlohn der Schornsteine und jährliches Ausweißen des Hauses.Er muß sein Getreide und Mehl beym Gutsmüller mahlen, und Grütze und Graupen dort machen lassen."