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Die Gemeinde Rondeshagen

 

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Mögliche Krankheiten und Ernährung in Rondeshagen in der Zeit 1400-1900

 

Antoniusfeuer

Mit Antoniusfeuer wurden im Mittelalter die Symptome der Vergiftung bezeichnet, die durch die Verwendung von mit Mutterkorn befallenem Roggen verursacht wurde. Mutterkorn ist ein Pilz der auf den Ähren von Roggen und einigen anderen Getreidearten wie Weizen, Gerste oder Hafer wächst. Der Pilz enthält giftige Alkaloide (z. B. Ergotamin), die erst nach längerer Lagerung unschädlich werden. Da aber  bei Missernten die reduzierten Ernteergebnisse recht früh verzehrt wurden, häuften sich gerade in solchen Zeiten die Vergiftungsfälle.

Typische Symptome der Vergiftung durch Mutterkorn sind:

  • Hautkribbeln, insbesondere in Fingern und Zehen
  • Krämpfe
  • Ohrensausen
  • Darmkrämpfe, Durchfall
  • allgemeine Lähmungserscheinungen
  • Wahnvorstellungen, die auch nach Wochen oder Monaten noch auftreten
  • Durchblutungsstörungen bis hin zum Absterben von Fingern und Zehen, eventuell auch  Armen oder Beinen
  • Bei schweren Vergiftungen kann auch der Tod eintreten.
 
Ein an Antoniusfeuer leidenden Mensch : Detail des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald (1475-1528): Ein Gepeinigter des Antoniusfeuers fleht um Heilung.

Einige Inhaltsstoffe des Mutterkorns wirken Wehen fördernd, so dass man es damals auch als Abtreibungsmittel einsetzte. Erst 1853 entdeckte Louis Rene Tulasne den Zusammenhang zwischen dem Mutterkornpilz und dem Auftreten des Antoniusfeuers.

Cholera

Die Cholera äußert sich durch starken Durchfall, verknüpft mit heftigem Erbrechen, bläuliche örperflecken und schnelle Gewichtsabnahme. Da Antibiotika im Mittelalter noch unbekannt war, starb der Kranke innerhalb weniger Tage oder Wochen an Austrocknung. Die Cholera ist eine schwere, bakterielle Infektionskrankheit, die vorwiegend den Dünndarm befällt. Die Übertragung erfolgt vor allem durch Aufnahme der Erreger über verunreinigtes Trinkwasser oder infizierte Nahrung (z. B. Verzehr von Fischen aus mit Fäkalien verunreinigten Flüssen). Siehe auch : Cholera-Epedemie in Hamburg 1892 mit 8.605 Toten

Bekanntmachung des Hamburger Senats  
Massengrab für Choleratote in Hamburg 1892

Fleckfieber

Fleckfieber ist eine Infektion, die durch Läuse, Milben, Zecken oder Flöhe übertragen wird. Nach ca. 10-14 Tagen kommt es an der Stichstelle häufig zu Juckreiz und einer Blauschwarz-Färbung. Dann kann es zu hohem Fieber, einem aufgedunsenen roten Gesicht, Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Bewusstseinsstörungen kommen. Früher wurde es auch als Hunger- oder Kriegstyphus bezeichnet (obwohl nicht mit Typhus verwandt), da es sich unter schlechten hygienischen Bedingungen in Kriegszeiten mitunter epidemieartig ausbreitete.

Lepra

Die Lepra, auch "Aussatz" genannt gilt als eine der ältesten bekannten Krankheiten. Sie ist eine chronisch verlaufende bakterielle Infektion der Haut. Das Lepra-Bakterium schädigt Haut-, Schleimhaut- und Nervenzellen und wird vermutlich über die so genannte Tröpfcheninfektion übertragen. Die Inkubationszeit kann bei Monaten bis zu mehreren Jahren liegen und um sich zu infizieren bedurfte es einem langfristigen Kontakt mit einem bereits Infizierten. Die Verbreitung des Aussatzes in Europa im Mittelalter wird oft den Kreuzzügen zugeschrieben. Sie erreichte ihren Höhepunkt im 13. Jahrhundert und verschwand mit dem Ende des 16. Jahrhunderts weitgehend aus der Reihe der chronischen Volkskrankheiten in Mitteleuropa. Da Lepra im Grunde kaum ansteckend ist, liegt die tatsächliche Ursache der Erkrankungen in mangelnder Hygiene, Unterernährung und somit einem geschwächten Immunsystem. Aussätzige wurden aus der Gemeinschaft verstoßen und der Kontakt mit ihnen wurde gemieden. Trafen sie doch einmal auf Gesunde, so mussten sie anhand einer Leprarätsche auf sich aufmerksam machen.

 

 

 

 

 

Lepra-Kontrolle durch Lübecker Ärzte/Bader im Jahre 1517

 

Bereits 1290 gab es vor dem Mühlentor in Lübeck zur Isolierung der Lepra-Kranken in Lübeck ein Siechenheim mit der angrenzenden St. Jürgen-Kapelle und einem eigenen Gottesacker. Auf diesem Kirchhof beerdigte man die Toten des Heimes.

Pest

Der Begriff Pest leitet sich von dem lateinischen Wort pestis ab, das übersetzt „Seuche“ heißt. Sie wurde 1347 von der Krim nach Italien eingeschleppt, von wo sie sich nach Frankreich, Spanien, England, den Niederlanden, im Reich und Südskandinavien ausbreitete. 1353 erreichte sie Russland und wurde schwächer. In der Zeit in der die Pest in Europa wütete, starben quer durch alle Schichten rund 30 Prozent der europäischen Bevölkerung. In Europa trat die Seuche wiederholt bis ins 18. Jahrhundert auf, jedoch hat sie nie mehr so viele Opfer gefordert wie im 14. Jahrhundert. Heute weiß man dass die Pest (Beulen- oder Lungenpest) durch den Rattenfloh auf Menschen übertragen wird, aber damals gab es keine schlüssige medizinische Erklärung. Man nannte sie den „Schwarzen Tod“  und deutete sie als Strafe Gottes für die sündige Menschheit. Vielerorts verstärkte sich die Frömmigkeit in der Bevölkerung und es wurden Buß- und Bittprozessionen durchgeführt. Auch kam es zu Judenverfolgungen, da man glaubte, durch das Vorgehen gegen die „Feinde Christi“ der Seuche entgehen zu können.

 

Vom Einsatz des Schutzanzugs während der letzten großen europäischen Pest-Epidemie 1720 in Marseille legt der kolorierte Kupferstich von 1725 Zeugnis ab.

Das Leder erfüllte den Zweck, undurchlässig für die vergiftete Luft zu sein und von so glatter Oberfläche, daß das Pestgift keinen Halt daran finden konnte. Der Stab, den die „Schnabel-Doktoren" tragen, diente weder dazu, auf kranke Personen zu zeigen noch dazu, den Kranken aus sicherem Abstand den Puls fühlen zu können. Laut behördlicher Vorschrift mußten nicht nur die Pestärzte, sondern auch andere Personen, die Umgang mit Pestkranken hatten, einen weißen oder roten Stab als Erkennungszeichen in der Hand tragen.

Man unterscheidet vier Erscheinungsformen der Pest: Beulenpest, Pestsepsis, Lungenpest sowie die abortive Pest. Bei Pandemien treten alle Formen der Erkrankung auf, am häufigsten jedoch die Beulenpest und die Lungenpest. Aus einer Beulenpest entwickelt sich ohne Behandlung fast immer eine Pestsepsis, die zu einer Lungenpest führt. (Siehe auch folgende Internetseite zu Pest)

Pocken

Vermutlich brachten die Sarazenen Pockenviren, im Volksmund Blattern genannt, im Jahr 711 mit nach Spanien. Die Pocken wüteten in Europa; die Kreuzritter des 11. bis 13. Jahrhunderts trugen wohl erheblich zur Verbreitung der Viren bei. Seit dem 15. und 16. Jahrhundert sind die Pocken weltweit verbreitet. Pocken können direkt von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion beim Husten oder Niesen übertragen werden. Daneben kann die Ansteckung auch durch Einatmen von Staub erfolgen, der z. B. beim Ausschütteln von Kleidung oder Decken von Pockenkranken entsteht.

 
 
 
Arzt behandelt Pockenpatienten
 

Die Viren befallen zunächst den Nasen- und Rachenbereich und werden danach vom Blut über den ganzen Körper verteilt, wodurch starkes Fieber und Schüttelfrost ausgelöst werden. Etwa vier Tage nach den ersten Anzeichen tritt der typische Ausschlag auf. Die Reihenfolge ist dabei typisch: Fleck -> Papel -> Bläschen -> Eiterbläschen -> Kruste. Bei einem weniger schweren Krankheitsverlauf trocknen die Pusteln etwa zwei Wochen nach Ausbruch der Krankheit nach und nach aus und hinterlassen deutlich erkennbare Narben. In schwereren Fällen können Erblindung, Taubheit, Lähmungen, Hirnschäden sowie Lungenentzündungen auftreten. Oft verläuft die Krankheit tödlich.

Ruhr

Die Ruhr, auch Blutgang genannt,  ist eine Infektion des Dickdarms und wird hauptsächlich von Fliegen übertragen (z.B. über das Essen) Man unterscheidet Amöbenruhr,  Bakterienruhr und Lamblienruhr.

Der große Flüssigkeits- und Salzverlust des Körpers stellt die größte Gefahr dar, durch den es zu Nierenversagen, Kreislaufkollaps, Krämpfen und Koma kommen kann. Nach Art des Stuhls unterscheidet man die weiße und die rote Ruhr. Bei der weißen Ruhr ist der Stuhl schleimig und hell, bei der roten Ruhr blutig. Die Bakterienruhr ist eine Erkrankung der Notzeiten, demzufolge tritt sie hauptsächlich bei einer geschwächten Immunabwehr auf.

Es ist allerdings schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, festzustellen welche Art der Ruhr im Mittelalter verbreitet war, da in dieser Zeit Amöben, Keime und Bakterien noch nicht bekannt waren.

Skorbut

Skorbut ist eine Mangelerkrankung, die durch einen Mangel an Vitamin C ausgelöst wird

Im Mittelalter war Skorbut oft die Haupt-Todesursache bei Seeleuten. Grund für das häufige Auftreten von Skorbut auf See war die einseitige Ernährung, die, mangels Konservierungsmöglichkeiten, hauptsächlich aus Pökelfleisch und Schiffszwieback bestand.

Auch an Land trat Skorbut auf, besonders in den Wintermonaten und in belagerten Festungen, wenn ein Mangel an Vitaminhaltigen Lebensmitteln entstand.

Syphilis

Die Syphilis, auch Lues oder Franzosenkrankheit genannt, ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die hauptsächlich bei sexuellen Handlungen durch Schleimhautkontakt und ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen wird. Auch während der Schwangerschaft und bei der Geburt kann eine erkrankte Mutter die Infektion auf ihr Kind übertragen. Als Symptome erscheinen immer wieder Hautausschläge, die nach einiger Zeit unbehandelt wieder verschwinden, bis es im Endstadium zur Zerstörung des zentralen Nervensystems kommt.

Syphilis verbreitete sich häufig in den öffentlichen Badehäusern der mittelalterlichen Städte, wo Jung und Alt, Männlein und Weiblein in großen Bottichen nackt badete und Körperpflege betrieb und sich auch sexuell näher kam. Dies führte was zur unbewussten Verbreitung der Seuche, da das Wasser vom Betreiber, dem "Bader" den ganzen Tag nicht gewechselt wurde. Badestuben wurden schon im 13. Jahrhundert in allen Städten benutzt, wahrscheinlich auch in den größeren Dörfern.

Arme gossen sich mit warmem Wasser ab, Reiche ließen sich vom Bader in tiefen, bottichartigen Wannen mit Lauge abreiben. Auf das Reinigungsbad folgte meist noch eine Art Schwitzbad: auf heiße Steine wurde Wasser gegossen und dadurch so dichter Dampf erzeugt, dass der Badende bald in Schweiß kam; dann wurde er nochmals vom Bader abgegossen. Essen und Trinken, Mädchen und Musik gaben diesen Badestuben immer mehr den Charakter von Vergnügungsorten, und schon früh führte die Geistlichkeit einen heftigen Kampf gegen die Auswüchse des Badelebens. Die immer größer werdende Ausbreitung der Syphilis, der Pest und des Aussatzes (Lepra) trugen ebenfalls dazu bei. Auch scheint es nur spät und ungenügend gelungen zu sein, Kranke vom Besuch der Badestuben auszuschließen, so dass diese zu einem Herd ansteckender Krankheiten wurden.

 
mittelalterliches Badehaus
Paar im Bottich bei Körperpflege und...

Tuberkulose

Die Tuberkulose, früher auch als Schwindsucht bezeichnet, ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die am häufigsten die Lungen befällt.

Betroffen sind besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Die Übertragung erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion von erkrankten Menschen in der Umgebung.

Um 460 v. Chr. kennzeichnete Hippokrates Schwindsucht als die am weitesten verbreitete Krankheit aller Zeiten, die fast immer tödlich war. Von ihm sind eindrucksvolle Krankheitsbeschreibungen überliefert. Zu dieser Zeit bestand das Behandlungskonzept im wesentlich in „hygienisch-diätetischen“ Maßnahmen: „Gut essen, wenig körperliche Arbeit, keine Frauen.“

Typhus

Als Typhus werden schwere fieberhafte bakterielle Infektionskrankheiten bezeichnet, welche meist mit Durchfall verbunden sind und durch Salmonellen  hervorgerufen werden. Unbehandelt sind die Krankheiten gefährlich und können zum Tod führen.

Der Keim wird hauptsächlich durch Trinkwasser oder kontaminierte Nahrungsmittel übertragen. Hat eine genügende Anzahl an Typhus-Erregern das saure Bad im Magen überlebt, beginnt nach einigen Tagen das für diese Erkrankung typische Martyrium.

Zu den Symptomen zählen starkes Fieber, Bauchschmerzen, eine vergrößerte Leber und Milz und der für Typhus charakteristische Durchfall sowie ein krankheitsspezifischer Hautausschlag. Dank moderner Antibiotika kann Typhus aber erfolgreich behandelt werden und führt bei weitem nicht mehr zu solchen Sterblichkeitsraten wie noch im von Seuchen gebeutelten Mittelalter.