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Die Gemeinde Rondeshagen

 

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Blattern und Pocken

aus der unten aufgeführten Quelle : "Oekonomische Enceklopädie" von 1773

 
 

Die Beschreibung dieser oft so mörderischen und bisher so gemeinen Krankheit hätte, nach dem eben bemerkten, im Art. , im 5ten Theile dieses Werkes, eigentlich eine Stelle finden müssen; mein Vorgänger Krünitz hat aber alles hierher gewiesen, und es ist daher meine Pflicht, hier sowohl von den Pocken der Menschen und Thiere, als auch von den verschiedenen Methoden der Pockenimpfung zu handeln.

I. Von den natürlichen Menschenpocken, Kinderpocken, Kinderblattern, Urschlechten, Lat. Variolae, Franz. La petite Verole, Engl. Smallpox, Ital. Vajuolo.

Der erste Ursprung der Pocken, sagt Vogel,.verliert sich in den Dunkelheiten des Alterthums. Es läßt sich eben so wenig mit voller Gewißheit darthun, in welchen Gegenden und Orten sie zuerst entsprungen sind, als welche Ursachen sie zuerst erzeugt haben. Höchstwahrscheinlich kannten die alten Griechen und Römer sie nicht, was man auch in ihren Schriften dafür hat ausgeben wollen Auf den Kunstwerken der Alten kommen nie Pockengruben vor. Auch gedenkt ihrer kein Dichter noch Prosaist. In der That läßt sich nicht begreifen, wie unsere alten genauen und treuen Beobachter sich so nachlässig, ungewiß, und zweideutig über eine so bestimmte, bedeutende, und oft so mörderische Krankheit, sollten ausgedrückt haben, wenn ihnen solche vorgekommen und bekannt gewesen wäre. Die Spuren, welche man in den Schriften der alten Aerzte davon hin und wieder hat entdecken wollen, gehören gewiß zu andern Krankheiten.

Aus guten Gründen die man beym Sarcone findet, läßt sich vermuthen, daß die Pocken unter den entferntesten Nationen des heißen Aethiopiens, ader an den äußersten Gränzen Asiens zuerst entstanden sind, von da sie sich, besonders durch Handel und Wandel, andern Nationen und Weltgegenden allmählig mitgetheilt haben. Bond (Verth. d. Eimpfr. --) sagt geradezu: die Pocken seyen in Egypten entstanden, und es sey wahrscheinlich, daß die Modification der schädlichen Materie, die sie hervorbrachte, aus einer Gährung in den mit stillstehendem Wasser angefüllten Sümpfen, an dem Ufer des Nils liegender Thiere, Fische, Pflanzen, entstanden ist. Aber neuere Reisebeschreiber widersprechen dieser Behauptung. Seit dem Jahre Chr. 572 sind sie in Arabien bekannt und gemein gewesen, wohin sie nach dem Epitomator des historischen Buchs Maßuk die Aethiopier gebracht haben sollen Aaron war 622. der erste arabische Arzt, der sie beschrieben; aber Rhazes der einzige, dessen am Ende des neunten Jahrhunderts geschriebene meisterhafte Beschreibung davon auf uns gekommen ist. *

Im Anfange des 7ten Jahrhunderts, nach Andern erst am Ende des 11ten und im Anfange des 12ten Jahrhunderts, kamen die Pocken zum ersten Mahl durch die Saracenen in unsern Welttheil. *
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Dimsdale sagt, zur Zeit der Kreuzzüge wären die Blattern aus Asien nach Europa gekommen, und hätten sich zuerst im 13ten Jahrh. gezeigt.

Allmählig haben sie sich über alle Theile Europens verbreitet. Von Europa erhielt sie Amerika im Jahr 1495. Nach Einigen sind sie mit dem 9ten Jahrhunderte schon in Deutschland gewesen. Im Jahr 1270. waren die Pocken in England eine allgemein bekannte Krankheit, und von da haben sie sich, besonders durch die mannichfaltigen Wege der Ansteckung, weiter in unserm Welttheile verbreitet. In Schweden ist die älteste Nachricht von 1578. In vielen Gegenden Europens haben sie sich erst spät gezeigt. Die nordischen Gegenden blieben noch lange verschont, als sie schon Jahrhunderte in wärmern Ländern geherrscht hatten. Verschiedenen Nationen sind sie bis auf die neuesten Zeiten unbekannt geblieben. Erst 1718. überbrachten die Holländer sie dem Vorgebirge der guten Hoffnung. Im Jahr 1733. erhielten sie die Grönländer von Dännemark. In den Jahren 1768. und 69. kamen sie zuerst nach Kamtschatka, wo sie vorher eine ganz unbekannte Krankheit waren. Die Cosacken, Kalmucken, sind frey davon gewesen, bis die Russen sie ihnen überbracht haben, welches nach Gmelin' s Bericht,

Sie kamen zwar 1766. durch Mohrensclaven dahin, hatten aber keine schlimmen Folgen, und breiteten sich nicht weiter aus; worüber man sich allerdings wundern muß. Einige Theile der Tartarey sind ebenfalls noch bis jetzt davon frey geblieben; so auch die Insel St. Helena, deren Einwohner alle mögliche Versicht anwenden, um zu verhüten, daß sie ihnen durch fremde Schiffe nicht zugeführt werden. In manchen Gegenden sind sie ganz wieder verschwunden. Nach Cleghorn (Krankheit von Minorka) sind von 1725. bis 1742, also in 17 Jahren, in Minorka keine Pocken wieder beobachtet worden. Wahrscheinlich hat ein Schiff sie wieder dahin gebracht. In Boston sind sie in sehr ungleichen Perioden wieder gekommen, nach 17, 12, 11, 13, 19, 9, 22 Jahren. In Rhodeisland sind sie von 1740 bis 1765 niemahls epidemisch gewesen. S. Haygarths Unters. wie den Bl. zuvorzukommen sey. S. 7. 8.

Die nächste Ursache der Pocken ist ein eigenes, in der Luft aufgelöstes, und nur durch seine Wirkung bekanntes Miasma, welches sich einzig und allein vermittelst der Ansteckung fortpflanzt, und sich oft genug durch den Geruch zu erkennen gibt. Höchst unglaublich ist, daß der Urstoff dieser Krankheit uns angeboren sey. Sarcone hat die Nichtigkeit dieser Meinung hinlänglich erwiesen. Und darum ruhen auch alle die zum Theil sehr sinnreich ausgesonnenen Hypothesen, von Abschäumung, Entwickelung, Gährung (welche vielleicht noch am glaublichsten), von einem besondern Safte in besondern Drüsen der Haut, der, wenn er faule, die Pokten mache, oder von angebornem Keime, stockender Feuchtigkeit in der Nabelschnur u. s. w. auf sehr unsichern Gründen. Eben so wenig hat das Pockengift seinen Sitz in dem Rückenmarke, oder in der Gebärmutter, oder in der Muttermilch, oder in gewissen Dünsten in der Luft, oder in dem Schafhautwasser, und den ersten Excrementen des Kindes, oder in den Nebennieren. Andere haben Würmer u. d. g. geträumt; noch Andere das Pockengift für eine saure Schärfe, oder für eine sehr subtile scharfe Materie mit einem zähen Wesen verbunden gehalten, welches alles irgendwo im Körper verborgen stecke u. s. w. Das Pockengift wird sicher nicht in unsern Adern erzeugt, sondern einzig durch die Ansteckung aus einem Körper in den andern übergetragen; *

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Ob es durchaus unmöglich sey, daß die Pocken in einem Körper ohne Ansteckung entstehen können, läßt sich nicht mit völliger Gewißheit behaupten. Das allererste Mahl entstanden sie freylich ohne Ansteckung. Auch reden mehrere Aerzte der Entstehung der Pocken ohne Ansteckung das Wort. Aber es scheint höchst glaublich, daß jene Urfachen, von welchen sie zuerst entstanden, jetzt nicht mehr, wenigstens in unserm Welttheile nicht, statt finden, und daß sie bloß durch die Ansteckung fortexistiren, eben so, wie es mit der ächten Pest der Fall ist.

es liegt also die Grundursache davon nicht von Natur in unserm Körper, wodurch diese Krankheit durchaus unvermeidlich würde. Wie wäre es sonst begreiflich, daß ganze Nationen bis auf die spätesten Zeiten frey davon geblieben wären, und daß man von den mehrsten Ländern die Zeit weiß, wenn sie daselbst zuerst eingetroffen; wie auch, daß manche Gegenden noch bis diesen Tag davon verschont sind, und auch außerdem einzelne Menschen sie gar nicht bekommen? Das Pockengift wird auch nicht in der Luft erzeugt, und sehr wahrscheinlich auch nicht mit derselben fortgepflanzt. Man kann die Pocken ja abhalten, wie die Pest. Ein sehr einleuchtendes Beyspiel hiervon gibt Rhodeisland, wo durch zweckmäßige Anstalten die Pocken seit einer langen Reihe von Jahren abgehalten worden sind. Die Beschreibung davon steht in Haygarth' s Unters. S. 86. f. Inzwischen bleiben hierbey manche Schwierigkeiten übrig, die man schwerlich jemahls ganz heben wird, wenn die jetzt bekannte Schutzblatternimpfung nicht allenthalben und allgemein eingeführt wird. Wie geht es zu, daß diese Krankheit in mehrern Ländern nach gewissen bestimmten Perioden von 5, 6, 7 Jahren *

 

Die Ansteckung bey den Pocken geschieht: durch eine unmittelbare Berührung des Kranken selbst, oder durch dessen Ausdünstungen; durch Kleidungsstücke, Leinenzeug, Betten, Speisen, Meublen, Bücher, Arzneyen, Geld, Briefe, und überhaupt durch alles, dessen sich ein Pockenkranker bedient, manchmahl ein halbes Jahr und länger vorher bedient hat, wenn es nähmlich seitdem verschlossen, der Luft nicht ausgesetzt, oder sonst gereinigt worden ist; durch allerhand Instrumente, die bey einem Pockenkranken gebraucht, und von dessen Ausdünstungen, oder wirklichem Eiter, beschmutzt worden sind: z. B. Schnepper, Lanzette, Halssprütze, Klystier sprütze; auf welche letztere Art einem Kinde in Göttingen eben so zufälliger als sonderbarer Weise die Pocken mitgeteilt werden.Doch beweist dieß eine Beyspiel nichts.Personen die sich sehr fürchten, werden, wie dieß der Fall bey allen ansteckenden Krankheiten ist, leichter davon angesteckt. Auch brechen sie bey solchen gemeiniglich früher und geschwinder aus.

Es ist schwer, ganz genau zu bestimmen, in welcher Zeit nach der natürlichen Ansteckung die Krankheit erfolge. Wahrscheinlich ist die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Ausbruchsfieber bey den natürlichen Pocken etwas länger, als bey den künstlichen, so daß in den meisten Fällen jene erst den 10ten bis 14ten Tag nach geschehener Ansteckung erfolgen. Haygarth hat darüber Untersuchungen angestellt, die lesenswerth sind. In den ersten Tagen der Krankheit sind die Pocken noch nicht ansteckend; es ist also dann noch Zeit, denselben durch Entfernung zu entziehen. Die Ansteckung geschieht ungefähr von der Zeit an, da die Blattern ausgebrochen sind, bis der letzte Schorf abfällt. Riechen vor dem Ausbruche der Blattern Ausdünstung und Athem schon pockenartig; so wird die Ansteckung auch dann schon geschehen können.

Zur Ansteckung nicht allein, sondern auch zu der besondern Pockenart, tragen unstreitig die dermahlige Beschaffenheit der Luft und die körperliche Constitution viel bey, obgleich man nicht genau weiß, worin das besteht. Hr. Hufeland glaubt, daß eine feuchte und warme Luft die Fortpflanzung und Entwickelung der Blattern vorzüglich begünstigen. Die Disposition des Körpers zur Ansteckung sucht er in einer besondern Modification der Nerven und der einsaugenden Gefäße. Hypochondrische und melancholische Personen seyen oft frey von aller Ansteckung. Drüsenverstopfungen und Infarctus scheinen das Blatterngift nicht selten zu modisiciren, ausarten zu machen, die Entwickelung desselben zuweilen ganz zu hindern u. s. w. In allem diesen liegt unstreitig viel Wahres und in der Erfahrung Gegründetes. Eine fortgesetzte genaue Beobachtung wird noch maches aufklären, und zur größern Gewißheit bringen welches man desto sicherer hoffen könnte, wenn alle beobachtenden Aerzte Hrn. Hufeland' s Geist und Scharfsicht hätten. -- Aber es ist nicht glaublich, daß in unserm Klima die Blattern jemahls ohne Ansteckung entstehen werden, nähmlich aus der Zusammenkunft derjenigen Ursachen, welche sie das erste Mahl hervorbrachten. Nur wenige Menschen bleiben von den Pocken verschont. *

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Einige Beyspiele von Aerzten, die keine Pocken gehabt, verdienen angemerkt zu werden. Es sind Boerhaave, Oosterd, Schacht, Morgagni, Diemerbroek (der schon 70 Jahr alt war: und häufig unter Pockenkranken gewandelt hatte), Belloste (auch ein 70 jähriger Mann) u. s. w.

Man will rechnen, daß 4 oder 5 von 100 sie nicht bekommen. Allein diese Rechnung kann schwerlich zu einer untrüglichen Gewißheit gebracht werden. Eigentlich sind sie nur eine Kinderkrankheit; aber auch erwachsene Personen, *

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Sonderbar ist es, was Werlhof schon angemerkt, daß manche Epidemieen alle Erwachsene verschonen, andere hingegen diesen besonders nachtheilig sind.Besonders geschieht dieß gegen das Ende mancher Pockenepidemieen, wo anfangs nur Kinder befallen wurden. Die Ansteckung geschieht und geht immer durch die Mutter; aber so, daß sie entweder zu gleicher Zeit selbst davon getroffen wird, oder nicht, wenn sie die Pocken nähmlich schon gehabt hat; oder sie bekommt sie nachher erst; oder bleibt auch ganz davon frey. In den letztern Fällen kommt also das Gift durch die Mutter zu dem Kinde, ohne jene anzustecken; oder sie wird auch erst nachher von dem Kinde angesteckt. Aber eine Schwangere kann auch ein pockenkrankes Kind pflegen, und ihrer Frucht die Pocken doch nicht mittheilen, wovon Rosenstein ein Beyspiel erzählt. Nicht selten hat eine Schwangere die Pocken gehabt, ohne ihre Frucht anzustecken. Einmahl war das Kind einer inokulirten Schwangern todt und mit Blattern bedeckt; in zwey andern Fällen aber hatten die Kinder keine Spur dieser Krankheit.

Ein Kind kann also auch in der Mutter an den Pocken sterben, und man hat mehrere todte Kinder mit den zusammenfließendsten Pocken zur Welt kommen sehen. In Gazet. salut. 1780. No. 30. steht ein Fall, wo eine Mutter, die die Blattern noch nicht gehabt, von einem mit Pocken besetzten Kinde entbunden worden, obgleich sie es sehr befürchtete. Sehr gelinde übersehene Pocken in der Wiege, oder die schon im Mutterleibe überstanden worden, machen es übrigens oft sehr schwer, zu sagen, ob Jemand den Pocken noch unterworfen sey, oder nicht. Bis jetzt hat man nicht anders geglaubt und gewußt, als daß die Pocken den Menschen allein eigen seyen; allein ein in Jansen und Jonas Magazin der medic. Litt. I. St. S. 70. zeigt, daß auch ein Affe davon angesteckt werden konnte. Der Fall ist merkwürdig, nur Schade, daß er nicht ganz vollständig ist.

Die Pocken befallen denjenigen, der sie einmahl gehabt hat, äußerst selten zum zweyten Mahl wieder. Man rechnet daß dieß unter einer Million kaum einmahl geschehe. Einige rechnen die zweymahligen Pocken wie 1000 zu eins. Kirkpatrik glaubt, so müßten die Pockenrecidive viel häufiger seyn.

Die Pocken grassiren mehrentheils epidemisch, und, wie bereits erwähnt worden, in vielen Ländern und Orten in gewissen bestimmten Perioden, alle 5, 6, 7 Jahre, und später. Sie dauern einige Monathe, viertel und halbe Jahre, ja über ein Jahr, und ziehen dann wieder ab, nachdem ein großer Theil derjenigen, die sie noch nicht erlitten, damit befallen worden. Gutartige Epidemieen dauern länger, die bösartigen kürzer, weil die Ansteckung hier stärker ist, und schneller um sich greift. An manchen großen Orten hören sie nie ganz auf, aber sie formiren keine ordentliche Epidemie, außer der Zeit, zu welchen diese gewöhnlich wiederkommt, und breiten sich nicht sehr über einzelne Subjekte aus. Die Epidemieen kommen gemeiniglich mit dem Frühjahre, und verschwinden im Winter wieder. Je früher vor dem Frühjahre sie anheben, desto heftiger pflegen sie zu seyn, und umgekehrt. Anfangs und ganz am Ende einer Epidemie sind die Pocken gewöhnlich am wenigsten tödtlich.

Worin eigentlich die Neigung oder Disposition zu den Blattern liege, ist auf keine Weise anzugeben. Häufig sieht man, daß Personen, die sie noch nicht gehabt, mehrere Epidemieen aushalten, ohne davon angesteckt zu werden, so wenig es auch dazu an Gelegenheit fehlt. Viele Personen bekommen sie daher erst spät. Ja man hat viele und sichere Beyspiele, daß Kinder, die die Pocken nicht hatten, zu solchen die eben damit behaftet waren, sogar in ein Bette gelegt wurden, damit sie die Pocken zu gleicher Zeit auch bekommen möchten; es ist aber vergeblich gewesen. Ehe man sichs nachher bey wieder einer Gelegenheit zur Ansteckung versehen hat, sind sie mit den Pocken befallen worden. Hinwiederum ist es sonderbar, daß die Inoculation, wenn sie gehörig verrichtet wird, doch äußerst selten nicht die Pocken hervorbringt, obgleich es allerdings auch geschieht, daß sie mehrere Mahl vergeblich verrichtet wird, und dann früher oder später eine natürliche Ansteckung erfolgt. Vogel hat dieß verschiedentlich selbst <

Sehr oft grassiren die Pocken an vielen Orten zugleich, aber sie gehen auch zugweise aus einer Gegend in die andere. Es können auch sehr gutartige und sehr bösartige Pocken in nahe liegenden Orten zu gleicher Zeit herrschen. Wenn die Pocken zuerst in eine Gegend kommen, sind sie allermeistens sehr mörderisch. So haben sie in Amerika gleich anfangs schreckliche Verwüstungen angerichtet. In Kamtschatka ist bekanntlich die Niederlage entsetzlich gewesen. Auch will man bemerkt haben, daß sie schlimm sind, wenn sie über die gewöhnliche Periode ausgeblieben, und gelinder, wenn sie öfter wieder gekommen. Aber dieß ist auch nichts Bestimmtes. Sarcone *

In allen Jahrszeiten beobachtet man gute und schlechte Pocken. Zuweilen scheint die gegenwärtige Witterung gar keinen Einfluß auf eine Pockenepidemie zu haben. Bey einer Blatterepidemie zu Warrington konnte man, obgleich sich während der Dauer derselben das Wetter auf alle mögliche Art veränderte, doch nicht den geringsten Einfluß von dieser Veränderung auf die Umstände der Krankheit bemerken.Man rechnet überhaupt, daß im Durchschnitt der 7te, 10te oder 14te an den natürlichen Pockin stirbt. Indessen ist diese Berechnung sehr schwankend, da die körperliche Constitution, die Jahrszeit, die epidemische Beschaffenheit, vorhergegangene oder gleichzeitige andere Krankheiten, die den Pocken ihren Charakter mittheilen, örtliche Umstände, das Alter des Patienten, fehlerhafte Behandlung, die gegenwärtige Gemüthsverfassung, die Lebensart, Nahrungsmittel, Wartung, das Clima, und mehrere andere Dinge, so großen Einfluß auf die mehrere oder geringere Gefahr, und folglich auf die Sterbefälle an den Pocken haben. Folglich sieht man, daß die Pocken oft ganz fremder Umstände wegen tödtlich werden, die sehr verschieden und zufällig seyn können. -- Die Berechnung, daß von einer Million Menschen, deren allgemeine Lebenszeit auf 100 Jahre festgesetzt ist, binnen 100 Jahren 237600 Personen an den Pocken sterben, ruht daher eben so wenig auf sichern Gründen.

 

Der erste Zeitraum geht von den ersten Spuren der Krankheit an bis zu dem Ausbruche der Pocken. Die Kinder werden schläfrig, verdrießlich, träge; der Kopf ist ihnen schwer; sie klagen oft über die Augen, und reiben sie; die Augen sind auch trübe, zuweilen starr, und thränen, welches nach Rosenstein' s Beobachtung, die doch bey weitem nicht allgemein wahr ist, vorzüglich bey dem linken Auge zu bemerken seyn soll. Zuweilen gibt trägen und phlegmatischen Kindern der Reiz mehr Lebhaftigkeit und Munterkeit, als sie gewöhnlich haben, und man schließt daher auch aus dieser ungewohnten Munterkeit bey eingeimpften Kindern mit vieler Sicherheit, daß das Gift gefaßt habe. Die Zunge ist weiß. Der Urin sieht auch weiß aus, und setzt gemeiniglich einen weißen talchichten Bodensatz. Die Kinder haben keinen, oder wenigen Appetit; die Empfindung einer Beschwerde um die Herzgrube, welche Gegend ihnen auch empfindlich ist, wenn man sie drückt; zuweilen spüren sie Uebelkeiten, und nicht selten in wahres Erbrechen übergehen, wozu aber außerdem Unreinigkeiten im Magen, Würmer, sehr vieles beytragen können. Zuweilen stellt sich vor und bey dem Ausbruche statt des Brechens ein Schluchzen ein. In ihrem Gesichte bemerkt man einige Veränderung, plötzliches Blaß und Rothwerden, etwas Gedunsenes. Der Athem hat nicht selten einen eigenen Geruch, und eben diesen die Ausdünstung, zumahl unter den Achseln. *

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Mau hat diesen Geruch mit dem Geruche vom Fleische verglichen, das in Essig gebeitzt worden, und zu faulen anfängt Unstreitig ist er sehr durchdringend und flüchtigund unverkennbar. Im zweyten Zeitraum ist er oft weniger bemerklich, kommt aber bey der Abtrocknung wieder Je stärker und vom Anfange fortdauernder er ist, desto schlimmer sind gewöhnlich die Pocken.

Einige haben ein Jucken in der Nase, und niesen auch. Zuweilen stichts und juckts hier und da in der Haut; auch gibt es Schmerzen, Stiche im Leibe, in den Seiten, welche letztere doch selten was Gutes verrathen. Viele bluten aus der Nase. Einige sind heiser; haben Durst; sind unruhig. Ein etwas starker Druck unter die Achseln ist mehrentheils schmerzhaft. Die mehrsten Kinder fahren im Schlafe öfters <113, 541> auf; und seufzen oft. Viele husten oder husteln; knirschen im Schlafe mit den Zähnen. Einige bekommen leicht Zuckungen, die nur nicht immer gutartige Pocken andeuten, weil auch zuweilen schlimme Zufälle darauf erfolgt sind, und weil sie auch vom Zahnen, von Würmern und andern Ursachen, herrühren können, die keine erwünschte Gefährten der Pocken sind. Man hat Beyspiele, daß solche convulsivische Bewegungen Kinder plötzlich getödtet haben, ehe noch die Pocken zum Ausbruche gekommen sind, welcher sonst bald darauf zu erfolgen pflegt. Andere haben zeitlebens die Folgen davon verspürt. Sie sind also nicht ohne alle Gefahr. Einigen schwellen die Drüsen unter den Kinnladen mehr oder weniger an, so daß das Schlingen dadurch erschwert wird. Manchen gehen um diese Zeit Würmer ab. Der Puls schlägt etwas schneller. Dazu kommen einige Ermattung; einige Beklemmung; Nacken=, Hals= und Lendenschmerzen; rothe Wangen und Hitze mit abwechselndem Schaudern. Erwachsene schwitzen leicht. Gewöhnlich folgt dann erst noch ein ernsthafterer Frost, der zuweilen einige Stunden anhält, und in eine stärkere Hitze übergeht, wobey der Kopf, die Augen, die Lenden vorzüglich weh thun. Ein solcher Fieberanfall kommt insgemein jeden Nachmittag und Abend wieder, und endigt sich dann nach einigen Stunden, oder erst gegen Morgen, mit etwas Schweiß, welcher zuweilen auch stark ist, und einige Besserung in dem Befinden macht. Manchmahl kommt eine solche Exacerbation des Tages noch einmahl, oder das Fieber verläuft auch ohne ordentliche Perioden. Je gutartiger die Pocken sind, desto gelinder ist dieß Fieber, manchmahl kaum merklich: der Puls geht nur <113, 542> ein wenig geschwinder, den Kindern fehlt, einige Unlust und Müdigkeit abgerechnet, nichts. Je schlimmer aber die Krankheit ist, desto mehr weicht dieß Fieber von seiner beschriebenen Ordnung und Gelindigkeit ab; wovon nachher das Weitere. Bey Erwachsenen ist das Fieber überhaupt insgemein stärker, die Beklemmung, die Kopf=, Hals=, Nacken= und Lendenschmerzen sind heftiger. Statt Kinder und junge Personen mehrentheils zum Schlafe geneigt sind, können Erwachsene nicht schlafen, oder es geschieht unruhig mit Träumen, und Phantasieen und Irrereden. Sie schwitzen auch stark, haben vielen Durst, Trockenheit im Munde, und haben viel mit dem Halse zu thun. Dieser Zustand dauert bis in den dritten oder vierten Tag, oder etwa 72 Stunden.

An sich hat das Pockenfieber kein eigenthümliches Symptom, und es ist daher oft sehr schwer, aus demselben die bevorstehenden Pocken zu erkennen. Herrschen indessen gerade die Pocken, hat sich der Patient einer Ansteckung ausgesetzt, und die Pocken noch nicht gehabt: so läßt sich aus den obigen Zufällen wahrscheinlich dieser Ausschlag vermuthen, zumahl wenn der eigene Geruch des Athems, der Ausdünstung des ganzen Körpers, oder unter den Achseln, da ist, den man nur einmahl gerochen haben darf, um ihn immer zu erkennen.

Der zweyte Zeitraum fängt mit dem 3ten, 4ten, 5ten Tage an. Um diese Zeit kommen mit dem Schweiße eines Fieberanfalls, folglich meistentheils die Nacht, die ersten Pocken in Gestalt kleiner runder rother Flecken oder Stippen zum Vorschein, die bald in der Mitte einen etwas hellern Punkt mit einer Vertiefung <113, 543> erhalten, wenn man sie recht genau ansieht, und eine geringe Härte in der Haut fühlen lassen, die man an andern Fleckenausschlägen nicht bemerkt. Gleich anfangs ist es doch oft unmöglich, diese Flecken von andern rothen Flecken zu unterscheiden, wenn besonders das vorhergehende Fieber und die übrigen Zufälle so gelinde gewesen, daß sie kaum oder gar nicht sind bemerkt worden. Nachdem aber noch nicht 24 Stunden verflossen sind, lassen sie keinen Zweifel mehr übrig. Der Punkt mit dem Grübchen in der Mitte eines rothen Umkreises wird deutlicher, und erhebt sich allgemach immer mehr in Gestalt eines kleinen Knöspchens, dessen Spitze dann weiß wird, indeß sich der rothe Umkreis etwas mehr ausbreitet. Die ersten Flecken kommen gemeiniglich im Gesichte, an der Oberlippe, am Halse, auf der Brust, zum Vorschein, dann auf dem Leibe, dem Rücken, an den Armen, Händen und Füßen, und am übrigen ganzen Körper, selbst auf dem haarichten Theile des Kopfs, unter den Fußsohlen, auf der Zunge, im Halse, am Zahnfleische, auf den Lippen, in der Nase, auf dem Weissen der Augen, seltener auf den Pupillen. Diese Ordnung des Ausbruchs ist aber, auch bey guten Umständen, nichts Beständiges, so wie auch manchmahl im Gesichte gar keine Pocken zum Vorschein kommen.

Das Fieber hört entweder nach dem Ausbruche der ersten Pocken ganz auf, und dann sind außer den bereits ausgebrochenen Pocken nur noch wenige mehr zu erwarten, welche unter der fortdauernden gelinden Ausdünstung noch hervorkommen; oder es läßt nur nach, und kommt gegen Abend zum 3ten und 4ten Mahl wieder, <113, 544> unter und nach welchen Fieberanfällen immer noch mehrere Pocken ausbrechen. Zuweilen verschwinden aber viele der ersten Flecken wieder. Sobald alle Pocken heraus sind, hört das Fieber ganz auf, und der Zustand des Patienten ist sehr erleichtert. Diesen Zeitraum nennt man das stadium eruptionis, inflammationis, welches 3 -- 4 Tage dauert.

Der dritte Zeitraum fängt folglich mit dem 6ten oder 8ten Tage der Krankheit, oder mit dem 4ten nach der ersten Erscheinung der Pocken, an, da die Blatterknöspchen entzündeter und röther werden, dann ihr Grübchen verlieren; immer höher, spitziger, breiter und weißer werden, und sich allmählig mit Eiter füllen. Den 8ten Tag nach ihrem ersten Ausbruche haben sie gewöhnlich im Gesicht ihre äußerste Größe erreicht, die zuweilen einer großen Erbse gleicht, und die Eiterung ist dann zu Ende, aber noch nicht an den Gliedmassen, an welchen dieß alles etwas später erfolgt. Manchmahl sind die Pocken so klein, wie ein Nadelknopf. Andere haben eine mittlere Größe. Wenn sie häufig sind und zusammenlaufend, ragen sie nicht so sehr hervor und sind flacher. Sie stellen dann oft nur eine breite weisse Haut vor, welche ohne sehr merkliche Erhebung das ganze Gesicht überzieht. Die Umkreise der einzelnen Pusteln bleiben immer noch roth, und diese Röthe verbreitet sich auch weiter in der Haut umher, und fließt mit dem rothen Umkreise anderer in der Nähe stehenden Pocken zusammen. Und eben daher entsteht nun auch eine Anschwellung der Haut, die im Gesicht und am Halse zuerst bemerklich ist, und nach der verschiedenen Menge der Pocken daselbst mehr und weniger stark, und <113, 545> bisweilen so beträchlich ist, daß dadurch ein ganz unförmliches und scheußliches Ansehen verursacht wird. Besonders schwellen die Augenlieder oft so an, daß sie die Augen verschließen, und den Patienten blind machen, welches ausserdem auch daher geschieht, daß die Augenlieder zusammenkleben, und erst nach vielen Tagen sich wieder von einander sondern. So wie die Eiterung zunimmt, wird der rothe Umkreis allmählig immer blässer. Der Eiter in den Pocken ist anfanglich dünn und wäßrig, allmählig wird er dicker und gelber. Gegen den 11ten Tag, wenn die Pocken im Gesichte zu trocknen anfangen, nimmt die Geschwulst ab, und zieht sich herunter nach den Händen, und zuletzt nach den Füßen, in der Ordnung, wie die Pocken herausgekommen sind, eitern und trocknen. Der Urin pflegt jetzt trübe und dick zu seyn. Man will um diese Zeit selbst Eiter im Urin bemerkt haben. Es ist vielmehr ein schleimiger Bodensatz, der wie geschmolzenes Talg aussieht. Die Kranken haben mehrentheils vielen Frost, und decken sich wärmer zu, mit untermischter neuer Hitze und Unruhe. Nicht selten wird die Stimme etwas rauh, und auch das Schlucken etwas beschwerlich mit einigen Schmerzen im Halse, woran zuweilen eine oder mehrere Pocken im Schlunde schuld sind.

Bey sehr häufigen und zusammenfließenden Pocken findet sich in diesem und dem vorigen Zeitraume auch nicht selten ein Speichelfluß ein, der aber bey ganz jungen Kindern seltener ist, als bey bejahrteren und Erwachsenen. Bey jenen ist statt dessen unter den gleichen Umständen wegen der größern Reizbarkeit ihrer Gedärme ein Durchfall gewöhnlicher. Bey bösartigen <113, 546> Pocken hat der Speichel zuweilen eine beynahe kaustische Schärfe, und erregt die heftigsten Zufälle, wenn er verschluckt und nicht gleich ausgespieen wird. Oft ist der Speichelfluß sehr heilsam, obgleich die Krankheit dabey auch sehr schlimm seyn kann. Insgemein dauert er 3 bis 4 und mehrere Tage, zuweilen doch sehr viel länger. Zuweilen kommt der Speichelfluß, der sonst gewöhnlich im dritten Zeitraume aufzuhören pflegt, erst zur Zeit der Abtrocknung, welcher unstreitig für sehr heilsam und kritisch zu halten, und darum auf keine Weise gehindert werden darf.

Etwas fieberhafte Bewegungen (das sogenannte Eiterungsfieber) zeigen sich um diese Zeit gewöhnlich wieder, die aber desto unmerklicher sind, je geringer die Anzahl der Pocken, und je gutartiger die Krankheit ist. Im umgekehrten Falle ist dieß hingegen der gefährlichste Zeitpunkt. Die Mehrsten, welche sterben, sterben in diesem Eiterungsfieber, oder im Zeitraume der Abtrocknung, gegen den 11ten Tag, obgleich auch manche schon früher am 5ten, 7ten, 9ten Tage, selbst unter dem Ausbruche, an Schlagflüssen, Zuckungen u. s. w. sterben. Dieser Zeitraum wird das stadium suppurationis, oder maturationis, genannt.

Der vierte Zeitraum. Mehrentheils gegen den 9ten, 11ten Tag, im Gesichte oft noch früher, fangen die Pocken an abzutrocknen. Die Pusteln platzen auf, ergießen eine zähe honigartige Feuchtigkeit, die allmählig hart wird, und kleine Krusten bildet, welche dann abfallen. Manche Pocken, wenn ihre Feuchtigkeit zumahl scharf ist, platzen viel früher auf, als sie in Eiterung übergehen. Im Gesichte geschieht dieß <113, 547> zuerst, und zuletzt an den Füßen. An den Extremitäten stehen daher die Pusteln noch in voller Blüthe, wenn sie im Gesichte schon gänzlich abgetrocknet sind. Kleinere Pocken trocknen oft zusammen, ohne Eiter zu ergießen, und fallen dann ab. Bey zusammenfließenden Pocken verursacht das Abtrocknen derselben im Gesichte oft ein scheußliches Ansehen, indem die Blatterborke eine braune, schwarze Farbe annimmt, und das ganze Gesicht gleichsam mit einer Maske überzieht, die Schauder erregt. Hier dauert die Eiterungs und Abtrocknungsperiode auch merklich länger, als bey wenigen discreten Pocken. Nach dem Abfallen bleiben rothe und bläuliche Flecken zurück, die sich mehrentheils allmählig auch verlieren. Manchmahl zeigen sich jetzt zum dritten Mahl geringe fieberhafte Bewegungen, die von eingesogenem Eiter und gehemmter Ausdünstung entstehen, die aber bey einem sehr gutartigen Zustande, und bey sehr wenigen Pocken, eben so wenig bemerkt werden, als das eigentliche Eiterungsfieber, von dem es sonst oft schwer zu unterscheiden und zu trennen ist. Bey häufigen Pocken, zumahl zusammenfließenden, ist es dagegen bemerklich genug, und bey letzteren bleibt es nie aus. Dieses Stadium nennt man das stadium exsiccationis, declinationis, prolapsus, desquemationis u. s. w. Es dauert gegen 4 bis 5 Tage, so daß also die ganze Krankheit in 12 oder 14 Tagen vorüber ist. Ein Tag mehr oder weniger macht keinen Unterschied. So verhält sichs mit den ordentlich verlaufenden und gutartigen Pocken (var. benignae, regulares), die nun auch meistentheils einzeln (discretae) stehen. Sie können kleiner und größer seyn. Entweder stehen sie dicht neben <113, 548> einander (cohaerentes), oder weit aus einander (dispersae). An einigen Stellen kann dieß, an andern jenes seyn. Zusammenfließend (confluentes) heißen sie, wenn sie wirklich in einander fließen, so daß man sie nicht von einander unterscheiden kann, und ganze Strecken der Haut mit Eiter unterlaufen sind. Zuweilen fließen sie nur an einigen Theilen des Körpers zusammen, z. B. im Gesichte, zuweilen über dem ganzen Körper. Man nennt sie nicht überhaupt zusammenfließend, wenn dieß auch an einigen einzelnen Stellen am Körper ist. Man richtet sich mit der Benennung hauptsächlich darnach, wie es im Gesichte ist. Bey den zusammenfließendsten Pocken kann die Krankheit doch sehr glücklich überstanden werden, obgleich sie allemahl mit vielerley Beschwerden verbunden ist, welche einige stehende Blattern an sich nicht machen, und nicht selten große Verwüstungen anrichten. Die eigentliche Gefahr hängt überhaupt nicht sowohl von der Menge der erzeugten Pockenmaterie ab, als von sehr vielen andern Umständen, es sey denn, daß die Haut die Menge der Pockenmaterie durchaus nicht fassen kann, daher sie im Blute zurückbleibt, ein beständiges Fieber unterhält, Versetzungen macht, und allerley üble Zufälle erregt. Man muß zuweilen erstaunen, wie außerordentlich groß und fast unerschöpflich die Menge des Pockeneiters ist.

Das Pockenfieber ist entweder ein reines inflammatorisches Fieber; oder entzündlich gallicht, wie sehr häufig; oder faulicht; oder schleimig, catarrhalisch, rheumatisch; oder nervös; oder aus allen diesen mehr oder weniger zusammengesetzt und vermischt.

Ist das Fieber beträchtlich entzündlich gallichter oder schleimichter Art, so ergibt sich dieß aus den bekannten Zeichen der Galle und des Schleims. Der Ausbruch der Pocken geht beschwerlich von Statten, und vor denselben gehen heftige Lenden= und Leibschmerzen vorher, auch sehr große Angst, Unruhe, gewaltige Kopfschmerzen, Erbrechen. Es entstehen leicht Durchfälle. Die Pocken sind mehrentheils zusammenfließend. Auch entsteht hier gern eine Rose im Gesicht u. s. w. Kopfschmerzen, oder ein unersättlicher Schlaf über die Macht des Fiebers, fortdauerndes Fieber nach einer gutartigen Eruption, mit Angst, stinkendem Stuhlgange, nicht weniger Phantasien, rohem, trüben Harn, ohne Depression der Pusteln, verrathen immer einen verdorbenen Vorrath im Unterleibe, dessen Folgen sich oft erst gegen das Ende der Reifung zeigen. Hat die Galle schon wirklich Fäulniß verbreitet, dann macht das Fieber alle die Erscheinungen, die ein faules Gallenfieber macht. Die Pocken eitern zwar, aber unvollkommen, und sind mit Petechien, blauen Bläschen, Friesel vermischt; es kommen Schwämme in den Mund u. s. w.

Ist das Fieber faulichter Art, so ist es gleich anfangs mit vieler Hitze verbunden, wobey das Gesicht oft doch blaß ist, es erscheinen früher oder später rothe, blaue Flecke, und Streifen, zwischen den Pocken. Diese bilden oft große Blasen, die endlich aufbrechen, und deren Feuchtigkeit alles um sich her zerfrißt. Was davon ins Blut zurücktritt, macht Zuckungen, Peripneumonien, Rasereyen, Ruhren, tödtliche Ohnmachten u. s. w. Es entstehen außerdem enorme Blutflüsse aus der Nase, durch den Stuhlgang, aus dem Gaumen und Zahnfleische, durch die Urinwege, aus der Mutter, der Lunge, das Blut ist dünn und gerinnt nicht, und sieht zuweilen pechschwarz aus. In sehr schlimmen und bald tödtlichen Fällen hat man alle jene Blutflüsse zu gleicher Zeit gesehen. Die Fäulniß kann so groß seyn, daß der ganze Körper brandig wird. Das Fett fault, und der faule Eiter verzehrt alles unter sich, und frißt selbst die Knochen an. Die Blattern sind oder werden bey diesem Fieber schwarz, enthalten nie wahren Eiter, sondern Blut, eine schwärzliche Gauche, und verbreiten, so wie der Athem, der Schweiß und Urin, einen pestilentialischen Geruch weit um sich her. Es entstehen unaufhaltsame aashaft stinkende Diarrhöen, solche Speichelflüsse, faulichte Bräunen, u. s. w. Der Speichel kann so scharf seyn, daß bey Säuglingen die Warzen der Mutter oder Amme angefressen werden. Das Fieber dauert nach dem Ausbruche immer fort. Alles übrige, der Puls, der Harn, die Hitze, u. s. w. zeugt zur Genüge von dem faulichten Charakter. In Amsterdam herrschte im Jahr 1784 eine solche Epidemie, welche 3000 Menschen tödtete, und wo bey Einigen in der Gegend des Mundes der Brand entstand, dergestalt, daß ein Stück wie ein Gulden groß ausfiel, und die Zähne zum Vorschein kamen.

Catarrhalischer, rheumatischer Art ist das Pockenfieber besonders bey solchen epidemischen Constitutionen. Es äußert sich durch Schnupfen, Husten, Müdigkeit, Thränen der Augen. Schmerzen in den Gliedern, Kälte, Abendfieber. Das Ausbruchsfieber wird auf mannigfaltige Art gestört. Die Pocken kommen nicht recht zur Eiterung, und enthalten mehr ein scharfes Wasser, als guten gekochten Eiter. Augen, Hals und Brust leiden hier vorzüglich. Die Pocken fließen leicht zusammen. Sie sind zum Zurücktreten geneigt. Sie sind gewöhnlich mit vielem Würgen und heftigen Lendenschmerzen verbunden. Der Urin geht nur tropfenweis und kümmerlich ab. Die Absonderung desselben ist zuweilen dergestalt gehindert, daß er nach der Haut geht, und die Ausdünstung davon einen Harngeruch annimmt. Die catarrhalische, rheumatische Schärfe erregt Krämpfe in der Haut, daher die Eruption der Pocken gehemmt, ein besonderes Uebelbefinden, und vielerley Unheil erregt wird. Sehr oft erfolgt der Ausbruch auch früher; die mehrsten Pocken kommen im Gesichte, und wenige an dem übrigen Körper.

Ein übermäßig kaltes Verhalten in sehr zärtlichen und hierzu ganz ungeschickten Subjekten, feuchte Schlafstellen, u. s. w. sind in einzelnen Fällen gewiß oft schuld an diesem Zustande.

Ist das Fieber nervöser Art, dann liegen die Kranken muth= und kraftlos in beständiger Betäubung dahin, mit blassem eigefallenem Gesichte, sehr gelindem Fieber ohne Nachlaß, wenigem oder keinem Durst, schwerem und schwindlichem Kopfe, Zittern der Glieder, frequentem, ohnmächtigem, kleinem, zitterndem Pulse, sie lassen wässrigen, klaren, oder ohne Grund hypostatischen Urin, sehr spät erst kommen die Pocken, aber sie heben sich nicht, bleiben immer eingedrückt, sind zuweilen überaus klein, sind bleich, so wie die Haut zwischen ihnen, bekommen keinen Eiter, sondern enthalten größtentheils statt dessen eine klare, oder halbklare, wässrige, scharfe Feuchtigkeit, und schrumpfen, nachdem solche verflogen oder eingesogen, zusammen (crystallinae, lymphaticae, bullatae, umbilicatae, emphysimaticae, siliquosae), oder sie bleiben ganz trocken und hart (verrucosae). Sehr oft sind diese Blatterarten mit einander vermischt, so daß auch wohl einige zwischendurch gut eitern. Sonst findet hier keine wahre Eiterung statt, die Blasen gehen auf, von der Feuchtigkeit zerfressen oder zerrissen, und so endigt sich die Sache. -- Die warzichten Pocken stehen einzeln, und kommen nie zur Eiterung, sondern sie werden brandig oder scirrhös. Ihr Ausbruch hält schwer, und dauert lange. -- Oft kommen die ersten Pocken an den Gliedmaßen zuletzt erst im Gesicht. Es erfolgen mehrere Eruptionen auf einander. Das Gesicht schwillt nicht, oder die Geschwulst sinkt gleich wieder. Zuweilen wird die Haut mit einer allgemeinen Röthe überzogen, welche während des Ausbruchs einige Tage unbeweglich stehen bleibt, und dann, wenn es zum Tode geht, weiß wird. Der Ausbruch der Pocken erleichtert nichts. Die Haut ist überall welk und blaß. Es finden sich allmählich stille murmelnde Deliria ein. Der Kranke liegt in einem beständigen Schlummer, mit offenen oder geschlossenen Augen, und, wenn es recht schlimm ist, ist und bleibt er ohne alles Gefühl und Bewegung. Wenn er aufwacht, ist ihm die Brust beklemmt; er macht allerhand Bewegungen mit den Händen, fängt Flocken; die Gliedmaßen werden und bleiben kalt; die Sehnen springen, es kommen endlich Zuckungen, Ohnmachten hinzu, die Excremente gehen unwissend ab, und so erfolgt endlich binnen 7 und 11 Tagen ein sanfter Tod. Vor dem Tode bekommt die ganze Haut, zumahl des Gesichts, ein bleyfarbiges Ansehen, oder sie wird so weiß, wie Pergament.

Je mehr die Krankheit überhaupt von ihrer natürlichen, oben beschriebenen, Ordnung und Gestalt abweicht, desto mehr läßt sich von ihr befürchten. Einen übeln Zustand pflegt es zu bedeuten: wenn die Pocken zu früh (doch im Ganzen besser zu spät, als zu früh), zu spät, in zu großer Menge, zu plötzlich, und an vielen Orten auf einmahl, zu langsam, ausbrechen, wenn sie sehr klein, wie Grütze, in der Haut liegen, und nicht recht rund, sondern eckig, länglich unförmlich, eine spitzig, andre platt, einige klein, andere groß, und überhaupt an Größe, Gestalt, Farbe, unter einander verschieden sind, (doch haben zum Theil diese Dinge ihre Ausnahmen, und leiden von verschiedenen Ursachen verschiedene Bestimmungen, die man daher immer im Auge haben muß; die besten Pocken kommen zuweilen sehr früh, und zuweilen sehr spät, die schlimmsten dagegen sehr oft zur rechsen Zeit; die häufigsten und zusammenfließendsten Pocken sind zuweilen gefahrloser, als die diskretesten; man sieht auch die schönsten Pocken bey gelinder Krankheit sehr schnell hervorbrechen; sehr kleine wenig eiternde Pocken sind nicht selten von der gutartigsten Natur, die man aber von andern kleinen Pocken wohl unterscheiden muß u. s. w.); wenn sie nicht eitern und reif werden wollen, nach dem dritten Zeitraum noch immer eine bloße wässrige Feuchtigkeit enthalten, ihr rother Kreis zu zeitig blaß wird, oder zu lange roth bleibt; wenn sie sich nicht zur rechten Zeit heben, und immer ihr Grübchen behalten; wenn sie eine dunkelrothe, > graue, blaue, schwarze, grünliche Farbe haben; wenn sie gleich nach dem Ausbruche, oder wohl gar schon einige Tage vor demselben, heftig jucken; wenn sie hart, trocken und warzicht sind; wenn sie Blut enthalten, auch wohl große mit Blut, oder scharfer Gauche, angefüllte Blasen bilden; wenn sie das Ansehen leerer Schoten haben, und weiche, hohle, erhabene Blasen vorstellen; wenn sie schwarze Punkte haben; wenn sie zusammenschrumpfen; beym Drucke gar keine Empfindung haben; wenn die in ihnen enthaltene Materie plötzlich verschwindet; wenn die Flecken gleich nach dem Ausbruch blaß sind; wenn sie wie eine rosenartige Entzündung herauskommen, wenn die Zwischenräume zwischen den Pusteln blaß oder dunkelgelb sind; wenn das Fieber nach der Eruption immer fortdauert; wenn der Speichel zu übermäßig fließt, zu zäh ist, oder stockt, oder auch zu früh anfängt (welches Vogel doch auch ohne Schaden schon während des Ausbruchs bey den gutartigsten Pocken gesehen hat); wenn das Getränk immer einen heftigen Husten erregt, und zur Nase wieder herauskommt; wenn das Magenweh nach dem Ausbruche fortdauert; wenn der Ausbruch gar keine Erleichterung verschafft; wenn der Athem sehr beengt ist (so lange dagegen Kopf, Hals und Brust frey sind, hat man nicht leicht etwas zu befürchten; wenn Blut mit dem Stuhlgange, mit dem Harne, *

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Ein Blutharnen unter heftigen Rückenschmerzen vor dem Ausbruche der Pocken läßt diesen nie zu Stande kommen, und ist absolut tödtlich.

aus den Lungen, aus der Mutter, selbst aus dem Gaumen und Zahnfleische, aus den Augen u. s. w. abgeht (einige Spuren von Blut sieht man nicht selten <113, 555> ohne Bedeutung im Stuhlgange bey Kindern; etwas Blutauswurf bey solchen, die sonst aus keinen gefährlichen Ursachen zuweilen Blut auswerfen, kann ohne besondere Gefahr seyn; das monathliche Geblüt kann auch ohne Schaden in dem Verlaufe der Krankheit eintreten; man muß also überall die Ursachen unterscheiden --); wenn das Schlingen anhaltend sehr beschwerlich ist (zuweilen ist eine oder die andere Pocke im Halse daran schuld, welches an sich ohne Gefahr ist); wenn die Unruhe und Schlaflosigkeit sehr groß ist und anhält (kann auf einige Zeit in sehr empfindlichen Subjekten zuweilen keine eigentliche Gefahr haben); wenn die Pocken sogleich mit sehr heftigen Lenden=, Kopf=, Magen= und Leibschmerzen eintreten (das Erstere geschieht nicht selten bey erwachsenen, vollblütigen Personen ohne sonderlich mißliche Bedeutung, und die Leibschmerzen können auch gefahrlose Ursachen haben, Würmer, Blähungen, Menstrua u. d. gl. Außerdem muß man daher allerdings, wo nicht immer schlimme, doch wenigstens häufige Pocken, erwarten); wenn die Krankheit mit starkem Erbrechen, oder unaufhörlichem leeren Reiz dazu, und Durchfalle anfängt, die nach dem Ausbruche fortdauern, und den gewöhnlichen Mitteln nicht bald nachgeben; wenn die noch unreifen Pocken in eine erst blutige und dann schwarze Borke übergehen; wenn die Pocken früher abtrocknen, als die Geschwulst sinkt, und früher an den Extremitäten, als im Gesichte; wenn der Kranke irre redet (manche Menschen, zumahl junge vollblütige Leute, phantasiren aber nicht selten bey jedem kleinen Fieber); mit den Zähnen knirscht (manche thun dieß im Schlafe bey guter Gesundheit; aber wo eine solche Gewohnheit nicht statt findet, ist es in den Pocken und andern hitzigen Krankheiten immer fürchterlich, von Würmern, von Zähnen ist es so fürchterlich nicht); wenn Petechien und blaue, violette Streifen zwischen ihnen befindlich sind (ist immer sehr gefährlich: man muß aber hiervon die blauen Flecken unterscheiden, die bey guten Mitteln nachher noch gute eiternde Pocken werden); wenn das Eiterungsfieber zu ungestüm und plötzlich eintritt mit großer Angst, Unruhe, Irrereden, und andern heftigen Zufällen; wenn Hände und Füße zittern, besonders wenn sie angerührt oder bewegt werden; wenn irgendwo ein fixer Schmerz fest sitzt; wenn die Halsadern heftig pulsiren, indeß der Puls an der Hand schwach und ohnmächtig schlägt: wenn die Augen sehr roth sind (ist doch auch oft ohne Gefahr); wenn die Haut blaß und ganz schlaff, oder hart wie Pergament ist; wenn die Geschwulst plötzlich sinkt, und dafür wenigstens nach 2 Tagen nicht in die Hände und Füße geht; oder bey sehr häufigen Pocken gar nicht entsteht, oder auch nur etwa an den Augenliedern, an den Lippen, zu bemerken ist; wenn Hände und Füße kalt sind (bey sonst guten Umständen, unter einem kalten Verhalten, ist dieß so sehr nicht zu fürchten, und viel weniger, als eine brennende dauernde Hitze); wenn mit dem Eintritte der Krankheit sogleich alle Kräfte fort sind (allemahl sehr schlimm!); wenn das Aussehen sehr elend, bleich, erdartig und zusammen gefallen ist; wenn der Kranke seinen Zustand wenig oder gar nicht empfindet; oder gleich anfangs an seinem Aufkommen verzweifelt, ohne daß Hypochondrie oder natürliche Furchtsamkeit schuld hieran sind; wenn das Getränk mit Gepolter hinabfällt; wenn die Haut alle Augenblick mit klebrigem Schweiß bedeckt ist; wenn der Puls sehr schnell oder sehr langsam schlägt; wenn im 4ten Zeitraume Beulen entstehen, die nicht zur Reife und Oeffnung kommen; wenn im 3ten und 4ten Zeitraume ein blutiger, oder scharfer, wäßtiger, aschfarbiger, grüner, sehr stinkender Durchfall entsteht, oder dessen Abgang wie Eiter aussieht, und mit vielen Schmerzen verbunden ist; wenn alle Glieder innerlich heftig schmerzen; wenn nach der Abtrocknung Zuckungen entstehen, worauf auch nicht selten eine Lähmung erfolgt; wenn der Kranke, zumahl nach vorhergegangenen heftigen Schmerzen, in einer beständigen Schlafsucht liegt; wenn er immer über innern Frost klagt; wenn die Kranken eine beständige Neigung zu harnen haben, oder gar nicht harnen können, oder nicht ohne Schmerzen; wenn der Urin sehr wäßrig und dünn ist; wenn Zuckungen, Sehnenhüpfen, oder andere krampfichte Umstände, Zittern der Glieder, nach dem Ausbruche der Pocken fortdauern, oder während des Eiterungsfiebers entstehen, oder nach zurückgetretenen auch noch so guten Pocken, welches von Erkältung, von Ueberladung des Magens, zu schwacher Diät, von zu dicken und harten Pocken, von großer äußerer Hitze, großer Entkräftung, heftigen Durchfällen, starken Verblutungen, großen Schmerzen irgendwo, plötzlichen Schrecken, zu großer Anstrengung der Kräfte beym Aufsitzen, heftigen Gemüthsbewegungen aller Art, Krämpfen u. s. w. geschieht. -- Es gibt eine Art bösartiger Pocken, welche nach ihrem ersten Ausbruche den Masern sehr ähnlich sehen, aber viel kleinere Flecken sind, eine nicht so lebhafte Farbe, und eine unbestimmte Figur haben. Auch lassen sich diese Flecken zum Unterschiede von den Masern etwas hart anfühlen. Sie erheben sich übrigens nicht, sie fallen bald ins bläuliche, und tödten schnell. Von dieser Art war die Epidemie zu London 1670, 71, 72, welche Sydenham gesehen und . beschrieben hat. Andere haben das Ansehen vom Nesselausschlag, erheben sich ebenfalls nicht, breiten zur Zeit der Eiterung gleichsam ein weißes Netz über das Gesicht, und sind nur nicht so tödtlich, als jene. Noch andere enthalten eine fette Schmiere. Die Mannichfaltigkeit der Pocken nach ihrer äußern Beschaffenheit ist indeß so groß, daß man schwerlich eine vollständige Beschreibung von allen ihren Abänderungen geben kann.

Je jünger die Kinder sind, desto besser schicken sie sich zu den Pocken. Ganz junge Kinder unter 2 -- 3 Jahren laufen freylich mehr Gefahr, wenn die Krankheit einigermaßen schlimm ist, weil ihre Kräfte leicht unterliegen, und sie sehr empfindlich und reizbar sind. Die beste Zeit ist, nach Rosenstein, vom 4ten bis zum 14ten Jahre. Schlimm ist es, wenn Kinder, die eben mit den Zähnen übel zu thun haben, von den Pocken befallen werden; doch überstehen sie gelinde und gutartige Pocken oft dabey sehr gut.Saugende Kinder sind äußerst übel daran, wenn sie Blattern an den Lippen, in der Nase, auch wohl auf der Zunge und im Halse bekommen.Fette Kinder erhalten nicht immer schlimmere und mehr Pocken, als magere. Eben so wenig ist es wohl durch hinlängliche Erfahrungen bestimmt, daß blonde Haare, eine lebhafte Gesichtsfarbe, dünne und weiche Haare, mittelmäßige Fettigkeit eine gutartige Krankheit, hingegen ein gelbliches schwärzliches Ansehen, braune oder schwarze oder rothe Haare, starke und viele Haare, krause Haare eine gefährlichere Krankheit erwarten lassen. Sehr vortheilhaft ist es unstreitig, wenn das Ausdünstungsgeschäft der Haut gut und frey von Statten geht, dagegen eine trockne durchaus nicht zum Schwitzen geneigte Haut viel ungünstiger ist. Eine weiche, zarte, feine Haut ist im Ganzen besser, als eine rauhe, harte, schuppige und grobe Haut.

Ob ein salziger Geschmack der Pocken, wenn sie mit der Zunge berührt werden, einen tödtlichen Ausgang anzeige, ist wohl noch nicht so ausgemacht. Eine Frauensperson, die zur Zeit ihrer Reinigung die Pocken bekommt, ist freylich immer in einiger Gefahr. Man will bemerkt haben, daß die Pocken davon zurücktreten; aber es ist dieß nichts Unausbleibliches, es kann doch alles gut dabey ablaufen, es kommt auf Umstände an.

Im Durchschnitt sind die zusammenfließenden Pocken schlimmer und mit größerer Gefahr verbunden, als die diskreten. Sie verlassen leichter die gewöhnliche Ordnung des Ganges der Krankheit; sie kommen gern früher, die Menge der Materie kann vielerley Unheil anrichten; das Ausdünstungsgeschäft der Haut wird gar sehr gestört; das unausbleibliche Eiterungsfieber ist hier ein sehr schlimmer Zeitpunkt; die Kranken leiden sehr viel durch Hitze, Schmerzen, Brennen, Jucken, sie wissen nicht wo sie sich hinlegen sollen. Um diese Zeit, besonders wenn die Geschwulst des ganzen Kopfes und Halses aufs höchste gestiegen, entsteht hauptsächlich Irrereden, Beklemmung, Schlaflosigkeit, Schlafsucht, Schlagfluß, Erstickung. In diesem Fieber bemerkt man auch oft einen außerordentlich schnellen Puls. So wie dieser langsamer wird und die Geschwulst abnimmt, vermindert sich die Gefahr. Auf die Menge der Pocken im Gesichte kommt übrigens am meisten an. Der Kranke stirbt sehr oft schon vor dem 9ten Tage.

Die Menge des Speichels beym Speichel. flusse beläuft sich in 24 Stunden zuweilen nur auf einige, 5, 10, 20 Unzen, sie kann aber auch bis auf sieben Pfund steigen, wie Tissot bemerkt hat. Zuweilen dauert er noch nach der Krankheit viele Tage, ja wochenlang fort, bleibt aber immer eine nützliche Krisis, die keine Störung leidet. Kinder von vier Jahren saliviren schon. Das Pockengift scheint eine besondere Neigung zu den Speicheldrüsen zu haben, obgleich auch Pocken im Halse und Mund zum Speichelflusse oft viel beytragen. Der Speichelfluß ist bey den zusammenfließenden Pocken nichts Beständiges, welches Lister (de var. p. 33) schon bemerkt, und kommt zuweilen bey diskreten Pocken. Gemeiniglich tritt er am 5ten, 6ten, bisweilen am 4ten Tage schon ein, oder kurz nach dem Ausbruche der Flecken, und dauert bis zum 11ten Tag und länger. Insgemein läßt er nach und hört auf, so wie sich die Geschwulst aus dem Gesichte verliert. Der Speichel ist wäßrig, ein wenig zähe und weißlich, er kann aber auch bis zum Ersticken dick und zähe werden. Zuweilen bleibt der Speichelfluß zur Zeit der Eiterung einige Tage zurück, kommt aber bald von selbst wieder. Geschieht dieß aber nicht, fällt das Gesicht auf einmahl ein, und erfolgt statt dessen nicht bald ein häufiger Bauch= oder Harnfluß: so erfolgt ein schneller Tod, welchen ein sehr ängstlicher Athemzug, Verwirrung, Schlafsucht, Kälte der Gliedmaßen u. s. w. ankündigen.

In manchen Familien sind die Pocken immer gut, in andern immer schlecht; doch darf man hieraus nichts Gewisses schließen. Der Grund kann in der gemeinschaftlichen Nahrungs= und Erziehungsart liegen

Junge Eheleute, Onaniten beyderley Geschlechts, sind bey den Pocken mehrentheils in großer Gefahr.Die Menge der Blattern, die kommen wollen, stehen mit der Stärke des Fiebers nicht allemahl im Verhältnisse. Das Pockengift soll keine andere Krankheit, womit derjenige behaftet, von dem es genommen ist, mit sich fortpflanzen. Aber Will. Rowley will doch oft beobachtet haben, daß die Scropheln mit den Pocken fortgepflanzt sind Wenn zur Zeit einer Pockenepidemie andere Krankheiten herrschen, so nehmen jene gern den Charakter von diesen an. Eben so haben die besondern Constitutionen der Jahrszeiten im ganzen genommen auf die Pocken eben den Einfluß, wie auf andere Fieber.

Personen, die zu gewissen Zeiten Fiebern oder andern Krankheiten unterworfen sind, laufen allemahl mehr Gefahr, wenn sie zu solchen Zeiten mit den Pocken befallen werden; welches sehr begreiflich ist.

Zuweilen kommen zu schlimmen Pocken, seltener zu gutartigen, Furunkeln auf dem Rücken, den Lenden, und mehreren andern Stellen des Körpers, welche wegen heftigen Brennens, Schmerzen und Schlaflosigkeit sehr viele Beschwerden machen, sich nicht gut heilen lassen, nicht selten zu bösartigen Geschwüren werden, und bis auf die Knochen dringen, und solche anfressen.

So verursachen und lassen häufige, schlecht behandelte, bösartige Pocken, hauptsächlich durch Versetzungen, sehr viele Uebel nach, welche oft viel schlimmer sind, als die Krankheit selbst. Dergleichen sind: Abscesse und Geschwüre mancherley Art innerlich in der Brust, im Unterleibe, im Kopfe, und äußerlich überall, Knochenfraß, Winddorn, langwierige Ophthalmien, Felle auf den Augen, Thränenfisteln, Lähmungen, Contrakturen, Verschwärung und Verwachsung der Nase, Husten, Steckflüsse, Blutspeyen, Verwachsung der Augenlieder, des Gaumens, der Kehle, allerley Krankheiten der Harnwege, Atrophie, Wahnsinn, Melancholie, Sprachlosigkeit, Verlust des Gedächtnisses, Wassersucht, schwarzer und grauer Staar, Eiterauge, laufende Ohren (durch welche sich nicht selten ein auch im Kopfe geplatztes Geschwür ausleert, wobey der Eiter auch aus der Nase läuft), Taubheiten, Blödsinn, Asthma, Durchfälle, Zehrfieber und Schwindsucht, Fehler der Dauung und des Unterleibes, Nervenleiden, Kopfschmerzen, Ausschwärung der Augen, sehr schmerzhafte rheumatische Geschwülste, Schlagflüsse, bösartige oft schnell tödtende Rosen am Arm oder Fuß, Anchyloses. Das Pockeneiter kann auch so scharf seyn, daß es die Kinnladen, das Zäpfchen, den Gaumen, die Nase anfrißt und zerstört, und selbst die Zähne aus ihren Höhlen fallen. Zuweilen werden auch verborgene Krankheitsstoffe durch die Pocken entwickelt.

Hingegen werden durch die Pocken nicht selten auch allerhand Uebel gehoben, womit der Patient vorher behaftet war; als Schwachheiten, ausgeschlagene Köpfe, Drüsengeschwülste, verstopfte monathliche Reinigung, englische Krankheit, laufende Ohren und Augen, Geschwüre, Lähmungen, periodische Kopfschmerzen, Neigung zu Wechselfiebern u. s. w. Man hat sogar vernerische Geschwüre durch die dazu kommenden Pocken heilen gesehen. Auch muß man sich wundern, daß selbst bey der Wassersucht gutartige Pocken entstehen können. Dagegen machen hektisches Fieber, die Ruhr, immer den Zustand sehr gefährlich. Der ganze Körper erhält oft nach den Pocken eine weit festere Gesundheit. In einigen Fällen hat man Pocken und Masern zusammen gesehen. Nesseln, Friesel, Scharlach, hat man ebenfalls mit den Pocken zusammen gesehen, unter mancherley Umständen und Abwechselungen. Sehr oft hat man gesehen, daß scrophulöse, krätzige, venerische Kinder die gutartigsten Pocken bekommen haben.

An sich kann man wohl den Aerzten, die bey Leichenöffnungen verschiedene innere Theile mit Pocken befallen gesehen haben, nicht widersprechen, da das Zeugniß derer, die dieses nicht so fanden die Möglichkeit nicht aufhebt. Nach dem Orte wo sie sitzen, müssen die innerlichen Pocken freylich mehr oder weniger gefährlich seyn, schlimmer in der Blase und den Nieren, als in den Gedärmen. Selbst die Hirnhäute sollen davon nicht ausgenommen seyn. Aus den Beobachtungen verschiedener Aerzte ergibt sich, daß die innerlichen Pocken nicht allemahl mit den äußerlichen verbunden sind. Vielleicht verschwinden sie auch wegen der innern Wärme, Feuchtigkeit, Dünne der Häute u. s. w. viel geschwinder, so daß man sie darum oft nicht mehr findet. -- Wenn man sich übrigens vorstellt, welche Zufälle wahrhafte Pocken in einiger Anzahl auf den Lungen, dem Gehirn, in dem Magen, den Gedärmen, auf der Leber u. s. w. hervorbringen müssen: so sollte man wenigstens glauben, daß solche Fälle unausbleiblich tödtlich wären, und zwar unter den heftigsten Symptomen.

Uebrigens ist hier noch die Frage, ob die innerlichen Blattern förmlich zur Eiterung kommen, und dann, ob der Eiter nicht resorbirt werden sollte?

Daß es ein Pockenfieber ohne Pocken gebe, kann wohl nicht bezweifelt werden. Man sieht es vorzüglich nach der Einimpfung, und zur Zeit einer Pockenepidemie; es hat alle die Zufälle zu Vorläufern und Begleitern, welche sonst bey den Pocken gewöhnlich sind. Sogar ist es zuweilen mit einem Speichelfluß verbunden, welcher seine Natur außer Zweifel setzt. Der Athem, die Ausdünstung unter den Achseln riechen auch pockenartig. Dieß Fieber dauert bald länger, bald kürzer, doch nicht über die gewöhnliche Zeit. Es scheint, das Pockengift mische sich in diesem Fall nicht genau genug mit den Säften, und verfliege durch die Ausdünstung, ohne diejenige Veränderung in den Säften hervorzubringen, wodurch sonst Pockengift erzeugt, und auf die Haut abgesetzt wird