Die Gemeinde Rondeshagen

 

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Die Zeit des Nationalsozialismus in Rondeshagen..................
 

Über die Zeit des Nationalsozialismus ist wenig zu erfahren gewesen, naturgemäß haben wenige Rondeshagener Familien heute noch konkrete Erinnerungen und Bildmaterial aus dieser Zeit mir zur Verfügung stellen können bzw. wollen. So gibt es nur Bruchstücke, die hier dargestellt werden können.

Inwieweit das Rondeshagener Schulwesen und seine damaligen Lehrkräfte (Hadenfeldt, Kuhrau, Krüger und Artur Kahns) vom Nationalsozialismus durchdrungen wurde, lässt sich nur erahnen - fest steht, dass nur einigermaßen angepasste Personen im Schuldienst geduldet wurden. Nach 1933 wurde der regelmäßige Hitler-Gruss im Schulunterricht eingeführt. An den Wänden hingen jetzt die Flaggen des Nationalsozialismus und Bilder vom "Führer". Lehrer, die sich nicht der neuen Führung unterordneten, und alle jüdischen Lehrer verloren ihre Stellen. Stockschläge gehörten zum Unterricht. Sie sollten Gehorsam erzwingen und waren aber auch als körperliche Stählung gedacht.

So z.B. ist die NS-Tätigkeit von Heinrich Kahns , Vater des Rondeshagener Lehrers Artur Kahn belegbar.

Heinrich Kahns, Kriegsteilnehmer am ersten Weltkrieg, überlebte diesen und kehrte nach Rondeshagen zurück auf seinen Hof in der Dorfstraße. Wie viele Menschen in bäuerlichen Gegenden stand er dem Gedankengut des Nationalsozialismus in Bezug auf den „Blut-und-Boden-Mythos", d.h. die Aufwertung bzw. die Verherrlichung des Bauernstandes (des „Reichsnährstands") nicht ablehnend gegenüber (Viele Deutsche lehnten die Verstädterung und die zunehmende Industrialisierung ab und sehnten sich nach einem Land, das wie eh und je von Bauern bestellt wurde.

Mit dem "Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes" vom 13. September 1933 wurden schließlich alle in der Landwirtschaft, in der Fischerei und im Gartenbau tätigen Personen und Betriebe, die gleichgeschalteten Verbände und die Landwirtschaftskammern zwangsvereinigt. Als eine öffentlich-rechtliche Körperschaft erstreckte sich der Mitte der 30er Jahre 17 Millionen Mitglieder zählende Reichsnährstand unter Leitung Darrés und eines beratenden ehrenamtlichen Reichsbauernrats über alle ernährungswirtschaftlichen Bereiche und reglementierte mit seinen drei Hauptabteilungen "Der Mensch", "Der Hof" und "Der Markt" das gesamte bäuerliche Leben.

Das Reichsgebiet wurde streng hierarchisch in 26 Landesbauernschaften eingeteilt, die jeweils in Kreis- und Ortsbauernschaften gegliedert waren. Die Kreisbauernschaften unterstanden einem ehrenamtlichen Kreisbauernführer, der hauptsächlich die Ortsbauernschaften betreute. Erst die Ortsbauernschaft stand im direkten Kontakt zum einzelnen Mitglied, das nicht nur umfassend betreut, sondern auch ideologisch indoktriniert werden sollte. "Blut und Boden" lautete das Motto des Reichsnährstands, der dem stets propagierten Ideal des heimatverbundenen, vorindustriellen Bauerntums als "Hauptquell des deutschen Volkes" die wurzellose städtische Massengesellschaft gegenüberstellte.

Zentrale Aufgaben des Reichsnährstands betrafen vor allem die Produktion, den Vertrieb und die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Mit einer Fülle von Gesetzen und Vorschriften versuchte die Hauptabteilung "Markt" die gesamte landwirtschaftliche Marktordnung zu regeln. Dazu gehörten die Kontrolle der Markt- und Preisverhältnisse, die Regelung der Einfuhren, die Erfassung der inländischen Produktion und deren Verteilung im Reichsgebiet.

Die Reichstagwahlen von 1933 spiegelten dies am Wahlverhalten der Bewohner im Kreis Herzogtum Lauenburg wieder: Man hatte allerdings lediglich drei "Wahlmöglichkeiten"

  1. Ja-Stimme
  2. Nein-Stimme
  3. Enthaltung, ob man die Nationalsozialisten wählen wollte...
  Hier das Ergebnis der Wahl. mit 91,76 % Ja-Stimmen.

Heinrich Kahns wurde SA-Mann und nahm an Kundgebungen und Aufmärschen teil, so auch an der Gedenkfeier am "Hitlerstein" am 28.05.1933.

    
 
Der "Hitlerstein" in Rondeshagen, heute steht dort der Stein zu Ehren der Toten
 
   
 
Der Stein heute - Gedenkstein für die Toten der Weltkriege
 
    
 
Leo Erich Schlageter-Gedenkfeier für den Märtyrer der Nationalsozialisten 1933 am "Hitlerstein" in Rondeshagen" (Bildbeschriftung von Heinrich Kahns : "Die Fahne senkt...")
 
 
Heinrich Kahns in SA-Uniform  
SA-Versammlung auf dem Dorfplatz

Im Giebel seines Hofgebäudes hatte Heinrich Kahns ein Hakenkreuz anbringen lassen, das allerdings 1945 von der Tischleirei Hormann kurz vor der Ankunft der Briten überdeckt wurde; auch seine Hofmauer war mit eingelassenen Ziegeln in Hakenkreuzform verziert...

 
 
 
Arthur Kahns, Sohn von Heinrich K., 1942 : NS-Urkunde zum 25-jährigen Dienstjubiläum als Volksschullehrer und SA-Mann
Lehrer Artur Kahns in SA-Uniform
 
 
    
 
Der Nationalsozialist Theodor Fründt wird 1933 Landrat des Kreises (bis 1938)
 
 
 
  Anordnung von Reichspräsident Hindenburg neben der bisherigen Reichsflagge die Hakenkreuzfahne auch zu hissen. Da diese in die Rondeshagener Schulchronik eingeklebt war, wird es auch für das Schulgebäude angewandt worden sein  
 
 
 
     
    
 
Kinder begleiten den SA-Aufmarsch in Rondeshagen
    
 
SA spielt auf auf dem Dorfplatz
 
    
 
Auch in Berkenthin gab es Aufmärsche
 
    
 
Kinderfest an der Schmiede, die NS-Fahne ist links gut zu sehen
 
 
 
 
Hof "Drögemühle" 1935 - Sophie Overbeck mit ihren Söhnen in Mini-SA-Uniformen
 
     
 
 
Otto Benthin
 
 
Während des Krieges kam von der NS-Regierung die Aufforderung, alle Bewohner zu melden, die keiner geregelten Arbeit nachgingen. Otto Benthien als Bürgermeister meldete den Vater von Edith Czimba, der mit einem Bauchladen sich sein Geld verdiente. Darauf kam dieser für ein Jahr ins Arbeitslager nach Oranienburg; nach seiner Rückkehr meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. Nach dem Krieg behauptete Czimba, er wäre im KZ Oranienburg gelandet und strengte einen Prozess gegen Otto Benthien an, den dieser jedoch anhand urkundlicher Beweise gewann. Er hat es der Familie Czimba aber nicht nachgetragen und sogar 3 von Czimbas Kinder noch auf dem Hof beschäftigt.
 
 
 

Otto Benthin, Bürgermeister in Rondeshagen von 1933 - 1944

(Vater von Irma Missfeldt )

 
     
 
Lisa Hormann
 
 

Aus der nationalsozialistischen Zeit erinnert Frau Lisa Hormann Folgendes:
Günther Schmerses Hofstelle/Haus gehörte vormals dem damaligen Ortsgruppenleiter Heinrich Kahns. Dieser hatte im Giebel ein großes Hakenkreuz angebracht. Als 1945 die Engländer auch nach Rondeshagen zu kommen drohten, mussten die Tischler Hormann diese mit einer Holzplatte verkleiden.

Lisa Hormanns Mutter Emma wollte nicht, dass sie dem BDM (Bund Deutscher Mädchen) beitrat, was sie nicht sehr begeisterte, denn sie war dadurch z. T. Außenseiterin; ihr Vater schenkte ihr   eine Halskette mit Hakenkreuz, die sie tragen durfte.  Außerdem erinnert sich Frau Hormann, dass es am Brink nicht nur die "Hitlereiche" gab, sondern auch einen „Hitlerstein“. (Heute ersetzt durch das Ehrenmal mit Trauerweide).

Schlimme Erinnerung hat Frau Hormann an ein Ereignis, das vier polnische Zwangsarbeiter auf Groß Weeden betraf. Deutsche Mädchen hatten versucht mit ihnen anzubändeln. Dies führte dazu, dass die Nationalsozialisten regelrecht durchdrehten, den Polen die Schuld gaben und sie wegen Verbotsübertritt nach Kriegsrecht zum Tode verurteilten und öffentlich henkten. Der damalige Polizist ritt auf einem Schimmel während der Hinrichtung um die Richtstätte.

 
 
Ella Thorn
 
 
Aus der Kriegszeit erinnert Ella Thorn, dass ein verletzter englischer Pilot 1944 mit dem Fallschirm auf dem Gebiet des „Ziegenredders“ landete, dort gefangen genommen und ins Krankenhaus gebracht wurde.  Wenn die englischen Bomber über Rondeshagen Richtung Hamburg flogen, traute sich niemand aus dem Haus: Fliegeralarm. Eine englische Maschine stürzte auch in den Wiesen unterhalb des „Schlagredders“ ab.
 
 
Ellas Vater wurde trotz seines Alters (43) 1943 nochmals Soldat (den I. Weltkrieg hatte er noch als 17-Jähriger Soldat miterlebt). Dies schrieb er selbst seinem aufmüpfigen Verhalten gegenüber dem damaligen Ortsgruppenleiter Kahns zu: Wenn dieser ihn mit „Heil Hitler“ grüßte beantworte er dies regelmäßig mit „Klei mi an Mors
 
 
Während des Krieges gab es auf allen Rondeshagener Höfen französische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen („Arbeitsmaiden“ aus der Tschechoslowakei , die in einem blauen Kittel mit Schürze und einer großen Erkennunsbrosche gekleidet waren). Die Männer wohnten im Schünemannschen Saal an der Schmiede, die Frauen in Berkenthin (Nach Rondeshagen kamen sie jeden Tag zu Fuß.) Die Anzahl der Zwangsarbeiter betrug um die 40. Diese durften maximal 4 Wochen auf einer Hofstelle verweilen, dann wurde getauscht. Zweck des ganzen war, dass keine Gewöhnung und persönliche Zuneigung oder Mitleid  sich aufbauen konnte (Fraternisierung).
 
     
 
Frontberichte hörte man bei Familie Jürs (Pätau) , die einer der wenigen waren, die ein Volksempfängerradio im Dorf besaßen. Mit ihm konnte man allerdings fast nur die im 3. Reich zensierten deutschen Sender empfangen. Ausländische (feindliche) Sendungen zu hören, war zu dieser Zeit ein Verbrechen...Da ausländische Radiosendungen bei Kriegsausbruch nicht einfach verboten werden konnten wie die ausländische Presse, verfasste Goebbels bereits am Tag des Kriegsausbruchs einen Gesetzesentwurf, welcher das Hören ausländischer Radiosendungen und die Verbreitung der dort erfahrenen Informationen als "Rundfunkverbrechen" unter Strafe stellte. Die Strafmaßnahmen reichten vom Einzug des Radios bis zu mehrjährigen Zuchthausstrafen, in einzelnen Fällen wurden sogar Todesurteile wegen Verrats ausgesprochen. Die Fahndung von Verstößen gegen die Rundfunkverordnung wurde der Gestapo übertragen, die in ihrer Arbeit größtenteils auf Denunziationen aus der Bevölkerung angewiesen war, und allein in den ersten 10 Monaten rund 2.200 Verhaftungen vornahm.

 
 
Volksempfänger
Werbeplakat
Nazi-Rechtsprechung
 
  Volksempfänger wurden 1938 zu einem staatlich subventionierten Preis abgegeben (35, - Reichsmark), ein Arbeiter verdiente damals zwischen 125,- und 150,- RM, also für die meisten Menschen ein Luxusartikel.